In einem Urteil vom 24.08.2016 entschied das Bundesarbeitsgericht (BAG), dass eine arbeitsvertragliche Ausschlussfrist unwirksam sein kann, wenn sie auch den gesetzlichen Pflegemindestlohn erfasst.
Entgeltfortzahlung bei Krankheit wegen Ausschlussfrist verweigert
Eine Pflegekraft hatte sich in den Monaten November und Dezember 2013 für vier Wochen krank gemeldet. Der Arbeitgeber hatte trotz ärztlicher Atteste Zweifel an ihrer Arbeitsunfähigkeit und verweigerte ihr daher die Entgeltfortzahlung für ihre Krankheitstage. Nachdem die Arbeitnehmerin die fehlende Bezahlung im Januar 2014 zunächst gegenüber ihrem Arbeitgeber erfolglos beanstandet hatte, erhob sie schließlich Klage.
Der beklagte Arbeitgeber berief sich im Prozess auf eine sog. Ausschlussklausel im Arbeitsvertrag mit der Arbeitnehmerin. Solche Klauseln lassen Ansprüche des Arbeitgebers oder des Arbeitnehmers aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist zunächst schriftlich gegenüber der anderen Seite und dann gegebenenfalls (wenn die Gegenseite nicht reagiert oder den Anspruch zurückweist) auch gerichtlich geltend gemacht werden. Grundsätzlich können solche Klauseln vom Arbeitgeber wirksam in einem Arbeitsvertrag gestellt werden. Danach hätte die klagende Pflegekraft ihren Entgeltanspruch in der Tat nicht mehr rechtzeitig gerichtlich geltend gemacht.
Ausschlussfrist ist unwirksam
Das BAG kam jedoch für diesen Fall zu dem Ergebnis, dass die Ausschlussklausel unwirksam war. Denn für die Arbeitnehmerin, die seit 2013 als Pflegekraft tätig war, galt gemäß der Zweiten Pflegearbeitsbedingungenverordnung (PflegeArbbV) ein gesetzliches Mindestentgelt. Ein solches Mindestentgelt darf aber durch den Arbeitgeber nicht vertraglich ausgeschlossen oder umgangen werden. Für Arbeitsverträge, die vor dem 01. Januar 2015 geschlossen wurden, ergibt sich dies aus § 9 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes (AEntG); seit 2015 findet sich eine entsprechende Regelung in § 3 des Mindestlohngesetzes.
Dies gilt nach Auffassung des BAG nicht nur für ausdrückliche Umgehungen des Mindestentgelts, sondern auch für Ausschlussklauseln, die dem Arbeitnehmer jedenfalls den Eindruck vermitteln können, dass er auch seine Ansprüche auf den Mindestlohn nur innerhalb bestimmter Fristen geltend machen kann. Das BAG sah darin eine rechtlich unzulässige und den Arbeitnehmer unangemessen benachteiligende Regelung, die gemäß § 307 Absatz 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches unwirksam ist.
Für den Streitfall bedeutete dies, dass die Ansprüche der Arbeitnehmerin infolge der Unwirksamkeit der Ausschlussklausel nicht entfallen waren. Ihr stand damit ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung für ihre Krankheitstage aus § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG) zu.
(BAG, Urteil vom 24.08.2016, 5 AZR 703/15)
Für die Gestaltungspraxis bedeutet dies, dass man zukünftig noch genauer bei der Formulierung von Ausschlussklauseln hinschauen sollte, wenn man sich der Wirksamkeit sicher sein möchte.