Fristlose oder außerordentliche Kündigung – wie wehre ich mich? 

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Eine fristlose Kündigung bedeutet für den Arbeitnehmer ein abruptes Ende des Arbeitsverhältnisses. Daraus folgen erhebliche Einschnitte für Berufs- und Privatleben. Wir erklären, wann eine fristlose Kündigung möglich ist und wie Sie dagegen vorgehen. 

  1. Unterschiede zwischen ordentlicher, fristloser und außerordentlicher Kündigung 
  2. Aus welchen Gründen kann der Arbeitgeber fristlos kündigen? 
  3. Bekomme ich nach einer fristlosen Kündigung Arbeitslosengeld I?
  4. Ist eine Abfindung nach einer fristlosen Kündigung realistisch?
  5. Besonderheiten für Schwerbehinderte, Betriebsräte, Azubis, Schwangere und Eltern
  6. Was passiert mit Resturlaub nach einer fristlosen Kündigung?
  7. Was kann ich nach einer fristlosen Kündigung tun? 
  8. Exkurs: Kann ich als Arbeitnehmer fristlos kündigen?
  9. Fazit

1. Unterschiede zwischen ordentlicher, fristloser und außerordentlicher Kündigung 

Möchte sich der Arbeitgeber von einem Mitarbeiter trennen, muss er im Rahmen einer ordentlichen Kündigung die Kündigungsfrist beachten. Während dieser Zeit arbeitet der Arbeitnehmer weiter, erhält nach wie vor sein Gehalt und kann sich auf den Jobverlust einstellen. 

In besonderen Fällen kann jedoch ein wichtiger Grund eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Dann endet das Arbeitsverhältnis mit sofortiger Wirkung. Hier spricht man von einer fristlosen oder auch außerordentlichen Kündigung.

Doch Vorsicht: Eine außerordentliche Kündigung befreit den Arbeitgeber nicht immer von einer Kündigungsfrist. In zwei Fällen gibt es außerordentliche „fristgemäße“ Kündigungen:

  1. Der Arbeitgeber versieht die Kündigung aus sozialen Gründen freiwillig mit einer sog. sozialen Auslauffrist. Aus dem Kündigungsschreiben muss deutlich hervorgehen, dass es sich dennoch um eine außerordentliche Kündigung handelt, sonst darf der Arbeitnehmer von einer ordentlichen Kündigung ausgehen. Die Länge der Auslauffrist kann der Arbeitgeber frei bestimmen.
  2. Einige Tarifverträge sehen (ggf. erst ab einem bestimmten Alter) vor, dass der Arbeitgeber nicht ordentlich gekündigt werden darf. In Betracht kommt also nur noch eine außerordentliche Kündigung. Diese ist z.B. möglich, wenn der Betrieb vollständig eingestellt wird. Um den eigentlich unkündbaren Arbeitnehmer dann nicht zu benachteiligen, muss der Arbeitgeber die gesetzlichen Kündigungsfristen einhalten. Hierzu finden Sie mehr im vierten Abschnitt

2. Aus welchen Gründen kann der Arbeitgeber fristlos kündigen?

Durch eine fristlose Kündigung ist der Gekündigte von einem auf den anderen Tag arbeitslos. Die fristlose Kündigung muss daher das letzte Mittel sein. Der Arbeitgeber hat vorrangig auf mildere Mittel zurückzugreifen: 

  • Ggf. eine Versetzung auf eine andere Stelle im Unternehmen
  • Die Abmahnung der Pflichtverletzung
  • Die ordentliche, fristgerechte Kündigung

Der Arbeitgeber muss für die fristlose Kündigung einen wichtigen Grund haben, der es ihm unzumutbar macht, die geltende Kündigungsfrist abzuwarten.

Im Folgenden zählen wir typische Gründe auf, welche eine fristlose Kündigung rechtfertigen können. Allerdings kommt es letztlich immer auf eine Interessenabwägung im Einzelfall an: 

Straftaten am Arbeitsplatz

Begeht der Arbeitnehmer Straftaten am Arbeitsplatz, wie z. B. Diebstahl von Firmeneigentum, kann dies zu einer fristlosen Kündigung führen. Laut Rechtsprechung genügen auch schon kleinere Verfehlungen. Der Arbeitgeber muss allerdings (wie in allen Fällen) gegenüberstehende Interessen des Arbeitnehmers bei seiner Kündigungsentscheidung berücksichtigen. Hierzu gehören zum Beispiel der Wert der gestohlenen Sache, die Dauer der Betriebszugehörigkeit und das dadurch angesammelte „Vertrauenskapital“. 

Arbeitszeitbetrug

Ein Arbeitnehmer, der den Arbeitgeber über die tatsächlich geleistete Arbeitszeit täuscht, kann grundsätzlich fristlos gekündigt werden. Der Arbeitnehmer verletzt damit Pflichten aus dem Arbeitsvertrag und schadet so dem Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Parteien massiv. Bagatellen dürfen aber auch hier nicht zur fristlosen Kündigung führen.

Unentschuldigtes Fehlen 

Auch unentschuldigtes Fehlen ist eine Pflichtverletzung und kann bei wiederholtem Auftreten zu einer fristlosen Kündigung führen. Allerdings reichen zeitlich eher unbedeutende oder einmalige Vorkommnisse nicht aus. Melden Sie sich also bestenfalls sofort bei Ihrem Arbeitgeber, wenn Sie nicht wie geplant arbeiten können. Eine fristlose Kündigung wegen unentschuldigten Fehlens wird meist nur in Betracht kommen, wenn der Arbeitgeber zuvor mehrere Abmahnungen ausgesprochen hat.

Arbeitsverweigerung 

Da die Hauptpflicht eines Arbeitnehmers die Arbeitsleistung im Unternehmen ist, kann Arbeitsverweigerung eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Allerdings setzt dies voraus, dass der Arbeitnehmer die ihm übertragene Arbeit bewusst und nachhaltig nicht leisten will. Die Arbeitsverweigerung muss zeitlich ins Gewicht fallen. Auch wiederholte Unpünktlichkeiten können den Grad der Arbeitsverweigerung erreichen. 

Krankheit  

Ist der Arbeitnehmer krank, liegt darin kein Grund für eine fristlose Kündigung. Selbst bei Langzeiterkrankungen und schweren Krankheiten muss der Arbeitgeber auf eine ordentliche Kündigung zurückgreifen, die ihrerseits an strenge Voraussetzungen gebunden ist. Nur in absoluten Extremfällen kann eine krankheitsbedingte außerordentliche Kündigung wirksam sein. Dies wird relevant, wenn der Arbeitnehmer aufgrund eines Tarifvertrags nicht ordentlich gekündigt werden kann. 

Beispiel: Das BAG hat bei einer Arbeitsunfähigkeit von rund 42 % der Jahresarbeitszeit einen wichtigen Grund gesehen (BAG NZA 2018, 1056).

Stützt sich die fristlose Kündigung hingegen auf andere Gründe, kann der Arbeitgeber auch einem kranken Arbeitnehmer kündigen. Nur in absoluten Extremfällen können die Umstände sittenwidrig sein und so zu einer unwirksamen Kündigung führen. Außerdem: Täuschen Sie das Kranksein nur vor, droht ebenfalls eine fristlose Kündigung. 

Achtung Frist: Sobald der Arbeitgeber vom Kündigungsgrund weiß, hat er nur zwei Wochen Zeit, Ihnen zu kündigen. Nach Ablauf dieser Frist ist eine fristlose Kündigung ausgeschlossen. Diese Regelung soll den Arbeitgeber dazu veranlassen, sich schnell zu entscheiden. Wenn er länger zögert, ob das Verhalten oder die Umstände für ihn einen wichtigen Grund darstellen, ist das Gewicht des Grundes eher zweifelhaft.

3. Bekomme ich nach einer fristlosen Kündigung Arbeitslosengeld I? 

Melden Sie sich bei der Agentur für Arbeit rechtzeitig als arbeitssuchend und haben Sie lange genug eingezahlt, erhalten Sie auch nach einer fristlosen Kündigung ALG I. Dies sollten Sie innerhalb von drei Tagen ab Zugang der Kündigung tun, sonst droht eine Sperrzeit. 

Wichtig: Die meisten fristlosen Kündigungen gehen auf ein Fehlverhalten des Mitarbeiters zurück (z.B. wegen Diebstahl oder Krankfeiern). Die Arbeitsagentur verhängt dann in aller Regel eine Sperrzeit. In diesen Fällen ist der Arbeitnehmer nämlich selbst für seine Arbeitslosigkeit verantwortlich.

Während der Sperrzeit zahlt die Agentur für Arbeit kein Arbeitslosengeld. Über einen Zeitraum von regelmäßig 12 Wochen gehen dem Gekündigten die ihm eigentlich zustehenden Leistungen der Arbeitsagentur verloren.

4. Ist eine Abfindung nach einer fristlosen Kündigung realistisch?

Sie haben grundsätzlich keinen Anspruch auf eine Abfindung – auch wenn dieser Irrtum weit verbreitet ist. Trotzdem stehen Ihre Chancen auf eine attraktive Zahlung oft gut. Dies hat folgenden Hintergrund: 

Hat der Arbeitgeber selbst Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung, ist er häufig daran interessiert, den Rechtsstreit und auch das Arbeitsverhältnis risikoarm zu beenden. Sollte nämlich das Gericht feststellen, dass die fristlose Kündigung unwirksam ist, muss er Sie weiterbeschäftigen. Außerdem kommen Gehaltsnachzahlungen auf ihn zu. 

Wenn Sie sich nun bereit erklären, gegen Zahlung einer Abfindung die Kündigung wehrlos zu akzeptieren, umgeht der Arbeitgeber dieses Risiko. 

Tipp: Erfahrungsgemäß ist es besser für Sie, wenn der Arbeitgeber als erstes das Abfindungsangebot in den Raum stellt. Das Unternehmen sollte davon ausgehen, dass Sie in jedem Fall auf Ihren Arbeitsplatz zurückkehren möchten ­– notfalls per Gerichtsurteil. Deshalb sollten Sie auch Kündigungsschutzklage erheben, wenn der Arbeitgeber vorher kein attraktives Angebot macht. Vor Gericht verhandeln Sie dann die Abfindung und lassen im Erfolgsfall Ihre Klage fallen.

Die Verhandlungen sollte ein Fachanwalt für Arbeitsrecht übernehmen. Er kann die Risiken am besten einschätzen. 

5. Besonderheiten für Schwerbehinderte, Betriebsräte, Azubis, Schwangere und Eltern

Manche Personen genießen besonderen Kündigungsschutz und sind zum Teil sogar unkündbar. Hierbei sind einige Besonderheiten zu beachten. 

  • Schwerbehinderten Arbeitnehmern kann der Arbeitgeber nur mit Zustimmung des Integrationsamtes und unter ordnungsgemäßer Beteiligung der Schwerbehindertenvertretung fristlos kündigen. 
  • Betriebsratsmitgliedern darf nicht ordentlich gekündigt werden. Hier gilt das oben Gesagte: Da ausschließlich eine außerordentliche Kündigung infrage kommt, muss der Arbeitgeber ausnahmsweise die Kündigungsfrist wahren. Außerdem muss der Betriebsrat als Gremium zustimmen, wenn eins seiner Mitglieder außerordentlich entlassen werden soll (§ 103 Abs. 1 BetrVG). Notfalls kann der Arbeitgeber die Zustimmung durch eine Entscheidung des Arbeitsgerichts ersetzen lassen. 
  • Die Kündigung von Ausbildungsverhältnissen ist im Berufsbildungsgesetz gesondert geregelt. In der Probezeit darf der Ausbilder jederzeit fristlos kündigen. Danach kann wiederum nur eine außerordentliche Kündigung das Ausbildungsverhältnis fristlos beenden. Hinsichtlich des wichtigen Grundes gelten aber strengere Maßstäbe als bei regulären Arbeitsverhältnissen: Der Arbeitgeber muss bei der Beurteilung des wichtigen Grundes in erster Linie den Zweck des Berufsausbildungsverhältnisses berücksichtigen: Die Ausbildung und das Erreichen eines Berufsabschlusses. Ein Vorfall, der zur Kündigung eines Arbeitnehmers berechtigt, begründet nicht automatisch die fristlose Entlassung eines Auszubildenden. 
  • Auch im Mutterschutz und bei Arbeitnehmern in Elternzeit gilt eine erhebliche Einschränkung. Der Arbeitgeber ist auf die Zustimmung der zuständigen Behörde angewiesen, bevor er kündigt. Je mehr der Kündigungsanlass mit der Schwangerschaft bzw. der Elternzeit in Zusammenhang steht, desto eher wird die Behörde ihre Zustimmung verweigern. Ohnehin wird die Behörde gerade gegenüber einer fristlosen Kündigung skeptisch sein.  

6. Was passiert mit Resturlaub nach einer fristlosen Kündigung? 

Eine fristlose Kündigung gilt mit sofortiger Wirkung. Noch übrige Urlaubstage können Sie dann nicht mehr nehmen. Allerdings hebt eine fristlose Kündigung den Urlaubsanspruch nicht auf. Deshalb gilt: Der Arbeitgeber muss Ihnen nicht genutzte Urlaubstage auszahlen.

7. Was kann ich nach einer fristlosen Kündigung tun? 

Da eine fristlose Entlassung einzelfallabhängig ist, bestehen oft gute Chancen, dass sie unwirksam ist. Beherzigen Sie diese Tipps: 

1. Klage erheben

Der Arbeitnehmer kann sich mittels einer Kündigungsschutzklage gegen die fristlose Kündigung wehren. Hier kommt es auf schnelles Handeln an: Sie müssen innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage erheben. Andernfalls ist der Arbeitsplatz in aller Regel endgültig verloren. 

2. Arbeitskraft anbieten

Bieten Sie dem Arbeitgeber nach Rücksprache mit Ihrem Anwalt für Arbeitsrecht z.B. per Mail an weiterzuarbeiten. So verbessern Sie Ihre Chancen auf nachträgliche Gehaltszahlungen. 

3. Bei der Arbeitsagentur melden

Melden Sie sich so schnell wie möglich bei der Arbeitsagentur! So vermeiden Sie Nachteile bei der Zahlung von ALG I.

Außerdem ist der Arbeitgeber nicht verpflichtet, seine Gründe für die Kündigung von vornherein im Kündigungsschreiben anzugeben. Auf schriftliche Nachfrage des Arbeitnehmers ist er allerdings dazu angehalten, die Kündigung zu begründen. So kann Ihr Fachanwalt für Arbeitsrecht die Sachlage und Erfolgsaussichten einer Klage am besten beurteilen. Teilt der Arbeitgeber Ihnen die Kündigungsgründe nicht mit, stehen Ihnen ggf. Schadensersatzzahlungen zu.  

8. Exkurs: Kann ich als Arbeitnehmer fristlos kündigen?

Liegt ein wichtiger Grund vor, kann sich auch der Arbeitnehmer fristlos vom Arbeitsvertrag lösen. Auch er muss im schriftlichen Kündigungsschreiben die Gründe noch nicht angeben und dem Arbeitgeber erst nennen, wenn dieser nachfragt. Ob ein wichtiger Grund vorliegt, ist einzelfallabhängig. 

Beispiele:

  • Unsichere oder gefährliche Arbeitsbedingungen, die die Gesundheit gefährden
  • Mobbing des Arbeitnehmers

Sie sollten sicher sein, dass Sie die Gründe für die fristlose Kündigung beweisen können. Andernfalls kommen ggf. Schadensersatzforderungen auf Sie zu. 

9. Fazit 

  • Es gibt fristlose und fristgemäße außerordentliche Kündigungen.
  • Der Arbeitgeber darf nur kündigen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Dies muss im Einzelfall beurteilt werden.
  • Das Arbeitslosengeld I wird vorübergehend gesperrt, wenn der Arbeitnehmer die Kündigung durch sein Verhalten selbst herbeigeführt hat. Das ist im Rahmen der fristlosen Kündigung meist der Fall. 
  • Eine Abfindung ist nach entsprechender Verhandlung oft realistisch.
  • Bei besonders geschützten Personengruppen, unkündbaren Arbeitnehmern und Auszubildenen müssen einige Einschränkungen beachtet werden. 
  • Nicht genutzte Urlaubstage muss der Arbeitgeber in Geld auszahlen.
  • Der Arbeitnehmer sollte innerhalb von drei Wochen Klage gegen die fristlose Kündigung erheben. 
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