Die Zahlung einer Abfindung ist bei einer krankheitsbedingten Kündigung nicht gesetzlich vorgeschrieben. In der Praxis spielen Abfindungen trotzdem auch bei Kündigungen wegen Krankheit eine große Rolle.
In diesem Beitrag erfahren Sie wozu eine Abfindung dient, wie Sie Ihre Verhandlungsposition stärken und welche Fehler Sie vermeiden sollten.
- Gibt es bei einer Kündigung wegen Krankheit eine Abfindung?
- In welchen Fällen einer Kündigung wegen Krankheit ist eine Abfindung sinnvoll?
- Vereinbarung der Abfindung bei der Kündigung wegen Krankheit
- Wie hoch ist die Abfindung bei der Kündigung wegen Krankheit?
- Hilfreiche Tipps für eine hohe Abfindung bei der Kündigung wegen Krankheit
- Wie wirkt sich eine Abfindung auf das Krankengeld aus?
- Fazit
- Wie können wir Ihnen helfen?
1. Gibt es bei einer Kündigung wegen Krankheit eine Abfindung?
Grundsätzlich nein, nicht ohne eine spezielle Vereinbarung. Es gibt keine gesetzliche Grundlage, die die Zahlung einer Abfindung bei der krankheitsbedingten Kündigung vorschreibt.
Es steht Ihnen allerdings frei eine Abfindung auszuhandeln. Das kann in vielen Fällen auch sinnvoll sein. Der Arbeitgeber erspart sich einen unter Umständen riskanten, teuren und zeitintensiven Prozess, während der Arbeitnehmer durch das Geld finanziell kompensiert ist.
2. In welchen Fällen einer Kündigung wegen Krankheit ist eine Abfindung sinnvoll?
In allen Fällen, in denen der Arbeitgeber ein Prozessrisiko ausräumen möchte, kann sich das Angebot einer Abfindung auszahlen. Der Arbeitnehmer sichert nämlich im Gegenzug zu, dass er die Kündigung akzeptiert und nicht gerichtlich angreift.
Das „Prozessrisiko“ meint verschiedene Aspekte:
- Je nach Ausgang des Verfahrens muss die unterlegene Partei die Gerichts- und Anwaltskosten tragen.
- Verliert der Arbeitgeber den Prozess, muss er den Arbeitnehmer wieder einstellen. Das Arbeitsverhältnis hat rechtlich nie geendet. Das bedeutet auch, dass der Arbeitnehmer nie seinen Lohnanspruch verloren hat. Auch den während des Prozesses angefallenen Lohn muss der Arbeitgeber auszahlen.
- Ein Prozess nimmt außerdem viel Zeit und Energie in Anspruch. Oftmals ziehen sich arbeitsgerichtliche Verfahren über mehrere Monate hin.
Speziell die krankheitsbedingte Kündigung ist an hohe Voraussetzungen geknüpft. Die einzelnen Aspekte haben wir für Sie in unserem gesonderten Beitrag zusammengestellt.
Achtung: Auf Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten ist das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) nach § 23 KSchG nicht anwendbar. In solchen Kleinbetrieben sind krankheitsbedingte Kündigungen deutlich einfacher möglich.
Auch wenn Ihr Arbeitsverhältnis nur weniger als sechs Monate bestand, greift der besondere Kündigungsschutz des KSchG nicht.
Für eine wirksame Kündigung müssen alle Voraussetzungen erfüllt sein. Wenn auch nur eine einzige Voraussetzung unklar, nur unvollständig oder zweifelhaft erfüllt ist, geht der Arbeitgeber mit der Kündigung ein großes Risiko ein.
3. Vereinbarung der Abfindung bei der Kündigung wegen Krankheit
Für die Vereinbarung einer Abfindung gibt es verschiedene Wege. Sie unterscheiden sich im Vorgehen, in der Strategie und in ihren Folgen. Insbesondere dann, wenn Sie nach der Kündigung auf Arbeitslosengeld angewiesen sind, müssen Sie aufpassen.
Abwicklungsvertrag
Im Zuge der Kündigung können Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen Abwicklungsvertrag schließen. In diesem sind die Modalitäten und der Ablauf der Kündigung im Einzelnen geregelt. Eine Abfindungszahlung kann auch Teil eines solchen Vertrags sein.
Achtung: Wenn Sie vor Ablauf der Kündigungsfrist freiwillig aus Ihrem Unternehmen ausscheiden, führt dies regelmäßig zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld, § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGB III. Ihr Anspruch auf Arbeitslosengeld ist dann zwölf Wochen lang gesperrt.
Einigung während des Gerichtsprozesses
Eine Einigung während des Gerichtsprozesses zieht sich über einen längeren Zeitraum und ist konfrontativer. Je fortgeschrittener der Prozess ist, desto höher ist der Verhandlungsdruck für Ihren Arbeitgeber.
Sie sollten sich in Ihrem eigenen Interesse unbedingt anwaltlich vertreten lassen, um strategische oder formale Fehler zu vermeiden.
- Nach der rechtzeitigen Klageerhebung (drei Wochen ab Zugang der Kündigung!) beginnt der Prozess vor dem Arbeitsgericht.
- Der erste Termin wird der Gütetermin sein. Das Ziel dieses Termins liegt in einer Einigung zwischen Ihnen und Ihrem Arbeitgeber. Der Richter nutzt diesen Termin, um beide Seiten persönlich kennenzulernen und um auf eine gütliche Einigung hinzuwirken. Manchmal lassen sich bereits hier erste Tendenzen erkennen. Sollten Sie sich im Gütetermin einigen, ist das Verfahren abgeschlossen. Einigen Sie sich nicht, geht das Verfahren weiter und der Verhandlungsdruck steigt. Sich nicht im Rahmen des Gütetermins zu einigen kann sich, je nach Einzelfall, auszahlen.
- Nach einem erfolglosen Gütetermin tauschen Sie mit Ihrem Arbeitgeber Schriftsätze aus, auf deren Grundlage sich das Arbeitsgericht seine Sicht der Dinge bildet. Auch im Rahmen des Schriftwechsels ist eine Einigung möglich.
- Einige Monate später kommt es zum Kammertermin. Der Kammertermin ist eine mündliche Gerichtsverhandlung, wo die Beteiligten weiter über Tatsachen und rechtliche Ansichten diskutieren. Unter Umständen erhebt das Gericht Beweise über umstrittene Tatsachen. Eine Einigung ist auch jetzt möglich.
- Nach dem Kammertermin fällt das Gericht ein Urteil, welches es im kurz darauf folgenden Verkündungstermin verkündet. Für die siegende Partei wäre jetzt eine Einigung aller Voraussicht nach sinnlos.
Wichtig: Auch bei einer Einigung während des Gerichtsprozesses sollten Sie die Kündigungsfrist beachten. Einigen Sie sich nicht auf einen Austritt aus dem Unternehmen, der zeitlich vor dem Ende der eigentlichen Kündigungsfrist liegt.
In solchen Fällen kann die Agentur für Arbeit eine Ruhenszeit verhängen. Sie erhalten erst dann ihr Arbeitslosengeld, wenn die eigentliche Kündigungsfrist abgelaufen ist. Die Einzelheiten erfahren Sie in unserem Beitrag zur Sperr- und Ruhenszeit beim Arbeitslosengeld.
4. Wie hoch ist die Abfindung bei der Kündigung wegen Krankheit?
Eine oft zugrunde gelegte Faustregel besagt, dass die Abfindung
½ Bruttomonatsgehalt pro Beschäftigungsjahr
betragen soll. Diese Formel ist aber nur als unverbindliche erste Annäherung zu verstehen.
Bei krankheitsbedingten Kündigungen hat der Arbeitnehmer grundsätzlich eine starke Verhandlungsposition. Das liegt an den hohen Voraussetzungen an eine wirksame Kündigung, die dann auch vor dem Arbeitsgericht Bestand hat.
Geschützte Personengruppen, wie z.B. Schwerbehinderte, profitieren von Schutzvorschriften, die Kündigungen an noch höhere Anforderungen knüpfen. Die Verhandlungsposition ist nochmals stärker.
Besonders für die Verhandlung mit Ihrem Arbeitgeber zahlt sich anwaltliche Vertretung aus. Taktisches Vorgehen, ein großer Erfahrungsschatz und umfassende arbeitsrechtliche Kenntnisse sind essenziell, um optimale Ergebnisse zu erzielen.
5. Hilfreiche Tipps für eine hohe Abfindung bei der Kündigung wegen Krankheit
Beachten Sie als Arbeitnehmer nach einer krankheitsbedingten Kündigung folgende Ratschläge, um die Abfindung in die Höhe zu treiben:
- Ihr Druckmittel in der Verhandlung ist die Kündigungsschutzklage. Beachten Sie deswegen unbedingt die kurze Klagefrist von nur drei Wochen ab Erhalt der Kündigung. Wenn die Klagefrist verstrichen ist, ist Ihr Druckmittel praktisch wertlos.
- Lassen Sie sich anwaltlich vertreten. Für die Verhandlung sollten Sie Ihre Position genauestens kennen. Nur ein Fachanwalt für Arbeitsrecht hat die notwendigen Kenntnisse, um die Erfolgsaussichten einer Klage zu prüfen. Das ist unbedingt erforderlich, um die höchstmögliche Abfindung aushandeln zu können.
- Lassen Sie Ihren Arbeitgeber denken, dass Sie gegen die Kündigung klagen werden. Sie sollten sich daher nicht direkt auf Verhandlungen um eine Abfindung einlassen. Je höher das Risiko eines Prozesses ist, desto höher fällt die Abfindung aus.
- Auch wenn das erste Angebot attraktiv klingen mag, sollten Sie sich Bedenkzeit erbitten und das Angebot fachanwaltlich prüfen lassen.
6. Wie wirkt sich eine Abfindung auf das Krankengeld aus?
Wer krankheitsbedingt gekündigt wird, bezieht häufig bereits Krankengeld von der Krankenkasse.
Eine Abfindung nach einer krankheitsbedingten Kündigung kürzt das Krankengeld nicht. Sie wird also nicht auf den Anspruch angerechnet.
Allerdings sind folgende Konstellationen zu beachten:
- Verhängt die Agentur für Arbeit wegen eines Abwicklungsvertrags eine Sperrzeit, ruht in dieser Phase auch das Krankengeld.
- Dient die „Abfindung“ in Wahrheit dem Ausgleich offener Lohnansprüche, handelt es sich um verdecktes Arbeitsentgelt. Dieses wird auf das Krankengeld angerechnet.
Nicht zu verwechseln ist das Krankengeld mit der Entgeltfortzahlung des Arbeitgebers, die grundsätzlich auf die ersten sechs Wochen der Krankheit begrenzt ist.
Diese Entgeltfortzahlung erhalten Sie auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, wenn die Kündigung gerade wegen der Krankheit erfolgte (sog. Anlasskündigung), insgesamt aber ebenfalls maximal sechs Wochen.
7. Fazit
- Bei einer krankheitsbedingten Kündigung gibt es keinen gesetzlichen Anspruch auf Abfindung; sie entsteht nur durch Vereinbarung oder Vergleich.
- Besonders, wenn der Arbeitgeber Prozessrisiken sieht, kann eine Abfindung Rechtssicherheit schaffen.
- Häufige Faustregel zur Bestimmung der Höhe: 0,5 Bruttomonatsgehälter pro Beschäftigungsjahr. Bei krankheitsbedingten Kündigungen haben Arbeitnehmer oft eine starke Verhandlungsposition, die zu einer noch höheren Abfindung führen kann.
- Unsere Praxis-Tipps: Klagefrist wahren, Fachanwalt einschalten, Verhandlungsdruck seriös aufbauen (Klage realistisch in Aussicht stellen), Erstangebote prüfen lassen und nicht vorschnell unterschreiben.
8. Wie können wir Ihnen helfen?
Mit unserer Expertise, unserer Erfahrung und unserem Verhandlungsgeschick stehen wir Ihnen tatkräftig zur Seite. Wir prüfen Ihre Kündigung und Ihre individuelle Situation, entwickeln eine maßgeschneiderte Strategie und verhandeln entschlossen über die Abfindung.
Gemeinsam achten wir darauf, Sperr- oder Ruhenszeiten beim Arbeitslosengeld sowie Auswirkungen auf das Krankengeld zu vermeiden. Melden Sie sich am besten sofort, um die nur dreiwöchige Klagefrist nicht verstreichen zu lassen.