Urlaubsabgeltung bei Kündigung und Krankheit im Überblick

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Wenn ein Arbeitsverhältnis endet, stellt sich die Frage, was mit noch offenen Urlaubstagen geschieht. Beispielhaft ist eine Situation, in der der Arbeitnehmer zuvor lange erkrankt war und seinen Urlaub deshalb nicht nehmen konnte.

In solchen Fällen kommt die sogenannte Urlaubsabgeltung ins Spiel. Über Anspruch, Berechnung und Besonderheiten bei Krankheit und Kündigung informieren wir in diesem Beitrag.

  1. Was bedeutet Urlaubsabgeltung?
  2. Wann besteht Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Kündigung?
  3. Wie berechnet sich die Höhe der Urlaubsabgeltung?
  4. Was gilt bei Krankheit und langer Arbeitsunfähigkeit für die Urlaubsabgeltung?
  5. Welche Fristen müssen Arbeitnehmer für die Urlaubsabgeltung beachten?
  6. Urlaubsabgeltung und Arbeitslosengeld: droht eine Sperrzeit?
  7. Fazit
  8. Was wir für Sie tun können

1. Was bedeutet Urlaubsabgeltung?


Die Urlaubsabgeltung kommt immer dann ins Spiel, wenn das Arbeitsverhältnis endet und der Arbeitnehmer seinen Resturlaub nicht mehr „in natura“ nehmen kann.

Urlaub dient grundsätzlich der Erholung. Arbeitnehmer sollen ihren Urlaub dementsprechend in Form von Zeit in Anspruch nehmen und eine Auszahlung ist die absolute Ausnahme.

Während des Arbeitsverhältnisses gilt, dass Sie nur diejenigen Urlaubstage in Geld umrechnen können, die über den gesetzlichen Mindesturlaub (24 Tage bei 6-Tage-Woche; 20 Tage bei 5-Tage-Woche) hinausgehen.

Beispiel: Ihnen stehen vertraglich 30 Urlaubstage bei einer 5-Tage-Woche zu. Sie können mit Ihrem Arbeitgeber während des Arbeitsverhältnisses die Abgeltung von bis zu 10 Tagen vereinbaren.

Resturlaub, der nach einer Kündigung noch offen ist, ist nach § 7 Abs. 4 BUrlG abzugelten.

2. Wann besteht Anspruch auf Urlaubsabgeltung bei Kündigung?

Sie haben nach einer Kündigung grundsätzlich Anspruch auf Urlaubsabgeltung, wenn Sie Ihren noch ausstehenden Resturlaub wegen der Kündigung nicht mehr nehmen können.

Typische Konstellationen sind:

  1. Fristlose Kündigung: Nach einer fristlosen Kündigung gibt keine verbleibenden Arbeitstage, an denen Sie noch Urlaub nehmen können.
  2. Kündigung mit kurzer Restlaufzeit: Die Kündigungsfrist Ihrer Kündigung ist zu kurz, um Ihren gesamten Resturlaub noch aufzubrauchen.
  3. Betriebliche Gründe: Ihr Arbeitgeber verweigert den Urlaub, etwa weil dringende Projekte abgeschlossen werden müssen.
  4. Freistellung ohne Urlaubsanrechnung: Ihr Arbeitgeber kann Sie nach einer Kündigung zwar unter Anrechnung des Resturlaubs freistellen. Dabei ist jedoch entscheidend, ob die Freistellung widerruflich oder unwiderruflich erfolgt.

Bei einer widerruflichen Freistellung bleiben Sie grundsätzlich einsatzbereit, sodass Ihr Urlaubsanspruch nicht erlischt und am Ende gegebenenfalls finanziell abzugelten ist. Eine unwiderrufliche Freistellung hingegen führt dazu, dass Ihr Resturlaub angerechnet wird.

Achten Sie aber darauf, dass Sie Urlaubstage grundsätzlich nehmen müssen, wenn es denn möglich ist. Eine Urlaubsabgeltung in Geld ist dem Urlaub „in natura“ immer nachrangig.

3. Wie berechnet sich die Höhe der Urlaubsabgeltung?

Sie müssen zur Berechnung Ihrer Urlaubsabgeltung den Wert eines einzelnen Urlaubstags und die Zahl Ihrer offenen Urlaubstage kennen.

Die Berechnung erfolgt nach § 11 BUrlG auf Grundlage des durchschnittlichen Arbeitsverdienstes der letzten 13 Wochen vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses.

Wert eines einzelnen Urlaubstags

Der Wert eines einzelnen Urlaubstages können Sie mit dieser Formel ermitteln:

Bruttolohn der letzten 13 Wochen ÷ Anzahl der Arbeitstage dieser Zeit = Wert eines Urlaubstags

Beispiel: Ein Arbeitnehmer verdient 3.000 € brutto monatlich bei einer Fünf-Tage-Woche. Er war an allen Tagen anwesend.

  • Bruttolohn der letzten 13 Wochen = 9.000 €
  • Anzahl der Arbeitstage in dieser Zeit = 65
  • Wert eines Urlaubstags = 9.000 ÷ 65 = 138,46 €

Der Bruttolohn umfasst nicht nur Festgehalt, sondern auch Provisionen. Zusätzlicher Lohn durch Überstunden, Weihnachtsgeld oder Gewinnbeteiligungen zählen hingegen nicht mit in die Berechnung hinein.

Zahl Ihrer offenen Urlaubstage

Die Zahl Ihrer offenen Urlaubstage erfahren Sie in der Regel durch eine einfache Nachfrage bei Ihrem Arbeitgeber. Sie sollten diese Zahl aber immer auf ihre Richtigkeit prüfen.

Definitiv sollten Sie sich mit den rechtlichen Grundsätzen zum Verfall Ihres Urlaubs auskennen.

Nach § 7 Abs. 3 BUrlG verfällt nicht genommener Urlaub grundsätzlich zum 31. Dezember des laufenden Jahres. Eine Übertragung ins nächste Jahr ist nur möglich, wenn dringende betriebliche Gründe oder persönliche Gründe des Arbeitnehmers dagegensprechen. In diesem Fall muss der Resturlaub aber spätestens bis zum 31. März des Folgejahres genommen werden, sonst erlischt er.

Das ist besonders wichtig, wenn Sie im letzten Quartal des Jahres eine Kündigung erhalten. Beantragen Sie Ihren Resturlaub rechtzeitig, damit er nicht zum Jahresende verfällt. Verweigert der Arbeitgeber die Gewährung, sollten Sie auf einer schriftlichen Vereinbarung über die Übertragung bestehen. Andernfalls kann der Anspruch auf Urlaubsabgeltung im neuen Jahr entfallen.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer hat noch zwei Wochen Resturlaub und erhält im November eine ordentliche Kündigung zum Ende April des Folgejahres. Nimmt er den Urlaub bis Dezember nicht und vereinbart auch keine Übertragung, kann sich der Arbeitgeber im April darauf berufen, dass der Urlaubsanspruch aus dem Vorjahr bereits untergegangen ist.

Urlaub kann auch gar nicht verfallen, wenn nämlich der Arbeitgeber gegen seine Informationspflicht verstößt. Grund für diese Anforderung ist ein Urteil des europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2022 (EuGH, Urt. v. 22.09.2022, C-120/21). Nach dem Bundesarbeitsgericht (BAG) ist erforderlich, dass der Arbeitgeber

Hat der Arbeitgeber diese Pflichten versäumt, kann Urlaub sogar über viele Jahre hinweg bestehen bleiben und abgegolten werden.

Hinweis: Eine Rückausnahme ist der Einzelfall, dass die Krankheit des Arbeitnehmers schon so früh im Jahr auftritt, dass er seinen Urlaub gar nicht vollständig hätte nehmen können. Bleibt er über das gesamte Jahr hinweg bis zum 31. März des Folgejahrs krank, verfällt sein Urlaub (so BAG, Urt. v. 31.01.2023, 9 AZR 107/20).

4. Was gilt bei Krankheit und langer Arbeitsunfähigkeit für die Urlaubsabgeltung?

Krankheit und Urlaubsabgeltung treffen oft aufeinander, was rechtlich zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann.

Generell gilt: Wer krank und arbeitsunfähig ist, kann in dieser Zeit keine Urlaubstage verlieren. Ihr Arbeitgeber dürfte Ihnen für krankheitsbedingte Fehltage also keine Urlaubstage abziehen. Oft häufen langzeitig Betroffene viele ungenutzte Urlaubstage an.

Verfallen Urlaubstage bei Krankheit später?

Ja, Urlaubsansprüche verfallen bei kranken Arbeitnehmern später als bei gesunden Arbeitnehmern. Urlaubstage, die wegen Ihrer Krankheit ungenutzt blieben, können 15 Monate nach Ablauf des Urlaubsjahres noch geltend gemacht werden.

Kann ich gleichzeitig Urlaubsabgeltung und Krankengeld bekommen?

Ja, beide Ansprüche bestehen nebeneinander.

Die Berechnung der Höhe Ihres einzelnen Urlaubstages ist allerdings kniffliger, wenn Sie innerhalb der letzten 13 Wochen Krankengeld bezogen haben. Es gibt gemeinhin zwei Berechnungsansätze:

  • Einige Gerichte stellen auf den Verdienst vor Beginn des Krankengeldbezugs ab.
  • Andere auf das Einkommen, das ohne Krankheit erzielt worden wäre.

Im Einzelfall kann es zu erheblichen Unterschieden kommen, insbesondere bei bspw. einer Tariferhöhung. Anwaltliche Unterstützung ist in dieser Situation auch angesichts der diffusen Rechtslage unerlässlich.

5. Welche Fristen müssen Arbeitnehmer für die Urlaubsabgeltung beachten?

Für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung gilt zunächst die dreijährige Regelverjährungsfrist aus § 195 BGB. Es kann aber auch sein, dass in Ihrem Arbeits- oder Tarifvertrag eine kürzere Frist vorgeschrieben ist.

Achten Sie insbesondere auf Klauseln, die alle arbeitsvertraglichen Ansprüche nach einer gewissen Zeit ausschließen (Ausschlussklauseln). Auch auf Ansprüche auf Urlaubsabgeltung sind solche Klauseln anwendbar (BAG, Urt. v. 09.08.2011, 9 AZR 352/10; BAG, Urt. v. 24.05.2022, 9 AZR 461/21).

Tipp: Machen Sie Ihren Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses sofort schriftlich geltend.

6. Urlaubsabgeltung und Arbeitslosengeld: Droht eine Sperrzeit?

Wer Resturlaub ausbezahlt bekommt, muss mit einer Ruhenszeit beim Arbeitslosengeld rechnen. Die Arbeitsagentur behandelt die Urlaubsabgeltung so, als ob der Arbeitnehmer den Urlaub tatsächlich noch genommen hätte.

Ein Tag abgegoltener Urlaub entspricht einem Tag Ruhenszeit beim Arbeitslosengeld.

Hinweis: Dies ist keine Sperrzeit wegen „versicherungswidrigen Verhaltens“, sondern lediglich eine Verschiebung des Beginns der Leistung. Es findet keine Kürzung statt.

7. Fazit

  • Offener Resturlaub wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in Geld abgegolten.
  • Bei der Berechnung des Resturlaubs sollten Sie die Regelungen zum Verfall von Urlaub vor Augen haben. Insbesondere die Informationspflicht des Abreitgebers ist in der Praxis häufig nicht erfüllt.
  • Die Höhe der Urlaubsabgeltung richtet sich nach dem Durchschnittsverdienst der letzten 13 Wochen.
  • Fristen sind entscheidend: Ausschlussklauseln im Arbeits- oder Tarifvertrag können Ansprüche schnell zum Erlöschen bringen.
  • Arbeitslosengeld ruht so lange, wie Urlaubstage ausgezahlt werden.

8. Was wir für Sie tun können

  • Wir prüfen, wie viele Urlaubstage Ihnen nach einer Kündigung oder langer Krankheit noch zustehen.
  • Wir berechnen die korrekte Höhe Ihrer Urlaubsabgeltung und setzen Ihre Ansprüche beim Arbeitgeber durch.
  • Falls Ihr Arbeitgeber die Zahlung verweigert, vertreten wir Sie vor Gericht und sorgen dafür, dass Ihnen keine Beträge verloren gehen.
  • Wir achten darauf, dass Fristen gewahrt bleiben und Sie keine finanziellen Nachteile beim Arbeitslosengeld erleiden.

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