Abmahnung und Kündigung wegen Diebstahl am Arbeitsplatz

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Stiehlt ein Arbeitnehmer am Arbeitsplatz, so drohen Konsequenzen. Aber wie kann und wird der Arbeitgeber reagieren? Droht die sofortige Kündigung?

Im folgenden Beitrag klären wir Sie ausführlich zur Kündigung wegen Diebstahls am Arbeitsplatz auf.

  1. Ist eine Kündigung wegen Diebstahl wirksam?
  2. Wann ist eine fristlose Kündigung wegen Diebstahl möglich? 
  3. Kann wegen Diebstahl am Arbeitsplatz abgemahnt werden?
  4. Diebstahl am Arbeitsplatz ohne Beweise – was ist zu befürchten? 
  5. Wird eine Sperrzeit beim ALG I verhängt?
  6. Ist ein Aufhebungsvertrag besser als eine Kündigung?
  7. Fazit
  8. Was wir für Sie tun können

1. Ist eine Kündigung wegen Diebstahl am Arbeitsplatz wirksam?

Wird ein Arbeitnehmer bei einem Diebstahl erwischt, so ist eine Kündigung wohl seine größte Sorge. Er wird sich daher zwangsläufig die Frage stellen, ob und unter welchen Voraussetzungen er gekündigt werden kann.

Die Antwort: Eine verhaltensbedingte Kündigung ist in vielen Fällen möglich.

Der Arbeitnehmer hat die vertragliche Pflicht, seinen Arbeitgeber nicht zu schädigen und in dessen bestem Interesse zu handeln. Ein Diebstahl am Arbeitsplatz ist eine Straftat, die sich direkt gegen den Arbeitgeber richtet. Es handelt sich daher um eine schwerwiegende Pflichtverletzung. 

Dies gilt übrigens nicht nur, wenn der Arbeitgeber selbst bestohlen wird, sondern auch, wenn der Arbeitnehmer seine Kollegen bestiehlt. Der Diebstahl muss jedoch in der Regel einen Bezug zur Arbeit des Arbeitnehmers haben.

Beispiel: A arbeitet als Lagerarbeiter und hat sich bisher immer tadellos verhalten. Sein Arbeitgeber B erfährt nun von einem Bekannten, dass der A am Wochenende in der Innenstadt bei einem Ladendiebstahl überführt wurde. B möchte solch ein unmoralisches Verhalten nicht dulden und kündigt dem A. Ist die Kündigung wirksam?


Nein. A hat sich bisher immer tadellos verhalten. Auch besteht kein Bezug zwischen dem Ladendiebstahl und der Arbeit bei B. Daher ist nicht zu befürchten, dass B auch am Arbeitsplatz stehlen wird. Die Kündigung ist somit unwirksam.

Allerdings kann auch bei einem Diebstahl mit Bezug zur Arbeit eine Kündigung mitunter abgewendet werden, z.B. wegen dieser Umstände:

  • Lange Betriebszugehörigkeit
  • Geringer Wert der gestohlenen Sache (Bagatelldiebstahl) 
  • Unklare Anweisungen über Privatgebrauch durch den Arbeitgeber (Missverständnis)
  • Ein erneuter Diebstahl ist nicht zu erwarten
  • Der Arbeitnehmer klärt den Sachverhalt selbst auf

2. Wann ist eine fristlose Kündigung wegen Diebstahl möglich? 

Grundsätzlich erfolgt eine fristgerechte Kündigung („ordentliche Kündigung“). Nur wenn der Arbeitgeber einen wichtigen Grund zur sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat, kann eine Kündigung auch fristlos erfolgen („außerordentliche Kündigung“). Eine weitere Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses muss dem Arbeitgeber also ganz und gar unzumutbar sein.

Die Unzumutbarkeit wird für jeden Fall einzeln beurteilt. Ein Diebstahl ist jedoch in vielen Fällen ein ganz besonders schwerer Verstoß gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten. Die Abwendung einer fristlosen Kündigung erfordert daher meist eine aufwändige Verteidigung. 

Die fristlose Kündigung des Arbeitnehmers ist nach einem Diebstahl am Arbeitsplatz der Regelfall. Sie ist allerdings unwirksam, wenn der Arbeitgeber die Kündigung nicht innerhalb der ersten zwei Wochen ausspricht, nachdem er von dem Vorfall erfahren hat.

Ist sich der Arbeitgeber des Sachverhalts unsicher, kann er diesen zunächst weiter erforschen. Die Zweiwochenfrist beginnt dann, sobald er eine ausreichende Kenntnis hat. 

Vor Gericht bestehen in diesen Fällen gute Chancen, die Fristwahrung anzuzweifeln.

3. Kann wegen Diebstahl am Arbeitsplatz abgemahnt werden?

Eine Kündigung wegen Diebstahls ist zwar in vielen Fällen möglich, allerdings nicht immer. Auch möchte der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer mitunter nicht sofort kündigen, sondern diesem noch eine zweite Chance geben.

Statt der Kündigung kann er deshalb eine Abmahnung aussprechen. Damit teilt er dem Arbeitnehmer mit, dass es so nicht weitergehen kann und er bei einem erneuten Regelverstoß gekündigt wird. Eine Abmahnung soll den Arbeitnehmer daher warnen und ihm die Gelegenheit bieten, sein Verhalten zu ändern.

Erhält der Arbeitnehmer eine Abmahnung, so ist die Lage ernst. Bei einem erneuten Diebstahl wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit gekündigt werden. Dies gilt selbst dann, wenn er bei dem ersten Diebstahl nicht gekündigt werden konnte. Die Abmahnung bereitet daher eine spätere Kündigung vor.

Beispiel: Kassiererin E hatte in der Vergangenheit geringwertige Gegenstände an ihrem Arbeitsplatz entwendet und deshalb eine Abmahnung erhalten. Wenige Wochen später findet E einen Pfandbon im Wert von 50 Cent. Sie denkt sich, dass sie aufgrund des geringen Wertes des Bons und ihrer langen Betriebszugehörigkeit ohnehin nicht gekündigt werden könne und löst diesen Bon für sich selbst ein. Ihr Arbeitgeber kündigt ihr daraufhin. Erfolgt die Kündigung zu Recht?


Die Kündigung ist wirksam. Zwar handelt es sich um einen Bagatelldiebstahl, jedoch wurde E durch die vorherige Abmahnung gewarnt. Ihr musste bewusst sein, dass ihr Verhalten Konsequenzen haben wird. Begeht sie nun einen erneuten Diebstahl, so kann sie sich nicht mehr auf die geringe Schwere der Tat berufen.

Die Abmahnung hat für den Arbeitnehmer auch etwas Gutes: Der Arbeitgeber bringt mit ihr zum Ausdruck, dass er wegen des vergangenen Diebstahls nicht kündigen wird. Soweit keine neuen Tatsachen aufkommen oder erneut geklaut wird, darf er das nach einer Abmahnung auch nicht.

4. Diebstahl am Arbeitsplatz ohne Beweise – was ist zu befürchten? 

Der Arbeitnehmer muss sich also häufig gegen Abmahnung oder Kündigung verteidigen, sollte er einen Diebstahl begehen. Was aber ist zu befürchten, wenn der Arbeitgeber den Diebstahl am Arbeitsplatz nicht beweisen kann? 

Eine Kündigung allein aufgrund des Verdachts einer Straftat („Verdachtskündigung“) ist grundsätzlich möglich, denn eine arbeitsrechtliche Kündigung ist kein staatliches Strafverfahren. Daher gilt nicht „im Zweifel für den Angeklagten“. 

Die Verdachtskündigung ist allerdings zum Schutze des Arbeitnehmers an strenge Voraussetzungen geknüpft:

  • Der Arbeitgeber muss einen begründeten Verdacht haben. Bloße Vermutungen reichen nicht aus.
  • Er muss alles Zumutbare zur Sachverhaltsaufklärung leisten, den Arbeitnehmer mit dem Verdacht konfrontieren und diesem im Rahmen einer Anhörung Gelegenheit zur Stellungnahme geben.
  • Der Verdacht muss derart schwer wiegen, dass der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer nicht mehr vertrauen kann.
  • Im Rahmen einer Abwägung müssen die Interessen des Arbeitgebers deutlich überwiegen. Hier können zum Beispiel Faktoren wie Betriebszugehörigkeit, Alter, Unterhaltspflichten, bisheriges Verhalten etc. berücksichtigt werden. 

Spätestens wenn der Arbeitnehmer die Aufforderung zur Stellungnahme erhält, sollte ein Fachanwalt für Arbeitsrecht eingeschaltet werden. Im Rahmen der Verdachtskündigung besteht nämlich oft die realistische Chance, die Kündigung abzuwenden und den Arbeitsplatz zu retten.

Beispiel: A ist als Pförtner bei der Polizei angestellt. Eine Passantin liefert bei ihm einen 100 € – Schein ab, den sie auf dem Weihnachtsmarkt gefunden hat. Was damit geschieht, bleibt unklar. Als die Frau sich am nächsten Tag erkundet, ob ein Eigentümer ausgemacht werden konnte, ist der Vorgang auf der Dienststelle nicht bekannt. Kann dem A wegen des Verdachts der Unterschlagung (fristlos) gekündigt werden? 

Zwar ist eine Kündigung grundsätzlich möglich. Dabei hat der Arbeitgeber allerdings einige Stolpersteine zu beachten. Er muss z.B. den A zuvor anhören und ihm den Vorwurf darlegen. Außerdem hat er nur wenig Zeit, den Sachverhalt zu ermitteln (s.o., Zweiwochenfrist).

LAG Düsseldorf, Az.: 6 Sa 994/18  

5. Wird eine Sperrzeit beim ALG I verhängt?

Nach einer Kündigung sind Arbeitnehmer in der Regel auf Arbeitslosengeld I angewiesen. Wer allerdings wegen Diebstahls entlassen worden ist, muss mit einer sog. Sperrzeit rechnen. Während dieser Frist kann kein Arbeitslosengeld bezogen werden. Schließlich hat der Betroffene seine Arbeitslosigkeit durch den Diebstahl selbst verschuldet und soll daher nicht im selben Maße wie andere Arbeitnehmer die Arbeitslosenversicherung beanspruchen können.  

Die Sperrzeit erstreckt sich in der Regel über die ersten 12 Wochen nach Ende des Arbeitsverhältnisses. Diese Zeit wird auf die Bezugsdauer voll angerechnet. 

Beispiel: Arbeitnehmer, die eigentlich 12 Monate lang ALG I beziehen könnten, erhalten bei 12 Wochen Sperrzeit nur etwas mehr als 9 Monate lang ALG I.

6. Ist ein Aufhebungsvertrag besser als eine Kündigung?

Während die Kündigung nur von einer Partei ausgesprochen wird, soll ein Aufhebungsvertrag das Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden.

Ein Aufhebungsvertrag ist für den Arbeitgeber vor allem dann erwägenswert, wenn er nicht genügend Beweise für die Straftat des Arbeitnehmers hat. Denn im Rahmen eines Aufhebungsvertrags stimmt der Arbeitnehmer der Beendigung des Arbeitsverhältnisses freiwillig zu. Der Arbeitgeber muss dann nicht mehr den Sachverhalt ermitteln und Beweise zusammentragen. So umgeht er das Risiko einer Kündigungsschutzklage. 

Aber auch für den Arbeitnehmer kann ein Aufhebungsvertrag sinnvoll sein. Zwar verliert er seine Arbeitsstelle, jedoch wird oftmals die Zahlung einer Abfindung oder ein bestimmter Kündigungszeitpunkt vereinbart. Letzteres hat den Vorteil, dass eine sofortige Kündigung abgewendet werden kann. Lücken im Lebenslauf können so vermieden werden. 

Ob die Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrags sinnvoll ist, lässt sich nur anhand des konkreten Falls und des individuellen Verhandlungsgeschicks beurteilen. Der Arbeitnehmer sollte sich aufgrund der komplexen Materie und der schwierigen Verhandlung vor Abschluss eines Aufhebungsvertrags rechtlich beraten lassen.

Zu beachten ist außerdem, dass auch ein Aufhebungsvertrag zu einer Sperrzeit beim Arbeitslosengeld führen kann. Es gelten dieselben Regeln wie nach einer Kündigung (s.o.).

7. Fazit 

  • Nach einem Diebstahl am Arbeitsplatz ist damit zu rechnen, dass der Arbeitgeber kündigt oder abmahnt. 
  • Eine Kündigung ist z.B. nicht möglich, wenn es sich um einen Bagatelldiebstahl handelt, der Arbeitnehmer schon lange anstandslos für den Arbeitgeber tätig ist und keine Wiederholungsgefahr besteht.
  • Ist eine Kündigung nicht möglich oder nicht erwünscht, so kann der Arbeitnehmer zunächst abgemahnt werden. Bei einem erneuten Diebstahl kann er dann gekündigt werden.
  • Die Kündigung kann unter bestimmten Voraussetzungen auch nur aufgrund des begründeten Verdachts eines Diebstahls erfolgen („Verdachtskündigung“).
  • Statt einer Kündigung können Arbeitgeber und Arbeitnehmer auch einen Aufhebungsvertrag schließen.

8. Was wir für Sie tun können

Für Arbeitnehmer

  • Kündigt Ihnen Ihr Arbeitgeber wegen Diebstahls am Arbeitsplatz, benötigen Sie den Rat eines Fachanwalts für Arbeitsrecht. Nur mit einer effektiven Verteidigung können Sie die Kündigung abwehren. Wir haben unzählige dieser Prozesse begleitet und wissen, worauf es ankommt.
  • Selbst wenn eine Kündigung unausweichlich scheint, lohnt dennoch häufig eine Klage vor Gericht. So kann eine fristlose Kündigung mitunter in eine weniger gravierende fristgemäße Kündigung umgewandelt werden. In manchen Fällen ist auch eine Abfindung im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs denkbar. 
  • Schon eine Abmahnung wegen Diebstahls kann später unangenehme Folgen haben. Kommt es zu ähnlichen Verstößen, steht der Arbeitsplatz auf dem Spiel. Wir beraten Sie, ob und wie Sie gegen eine Abmahnung vorgehen sollten.

Für Arbeitgeber:

  • Ein Diebstahl am Arbeitsplatz belastet das Vertrauensverhältnis erheblich. Ob eine Kündigung in Betracht kommt, legen wir Ihnen ausführlich dar. 
  • In unserer Beratung achten wir selbstverständlich darauf, dass die Fallstricke der fristlosen Kündigung und der Verdachtskündigung umgangen werden.
  • Nötigenfalls vertreten wir Sie auch vor Gericht. 
  • Im Einzelfall kann ein Aufhebungsvertrag für Sie von Vorteil sein. Wann dies der Fall ist, erklären wir Ihnen. 
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