Nachvertragliche Wettbewerbsverbote führen nach einer Kündigung schnell zu Streit. Der Arbeitgeber möchte sich vor Konkurrenz schützen, während der Arbeitnehmer für ein anderes Unternehmen arbeiten will.
Die wichtigsten Fragen hierzu beantwortet der folgende Beitrag.
- Was ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot?
- Nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei Kündigung durch den Arbeitgeber
- Nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei Kündigung durch den Arbeitnehmer
- Die Karenzentschädigung
- Wann gilt das Wettbewerbsverbot nach der Kündigung nicht?
- Was passiert nach einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot?
- Gilt das Wettbewerbsverbot auch nach einem Aufhebungsvertrag?
- Gelten Besonderheiten für Geschäftsführer?
- Fazit
- Was wir für Sie tun können
Was ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot?
Während eines Arbeitsverhältnisses ist der Arbeitnehmer verpflichtet, auf die Interessen seines Arbeitgebers Rücksicht zu nehmen. Er darf deshalb nicht für ein anderes Unternehmen oder auf eigene Rechnung in der Branche des Arbeitgebers tätig werden. Das gilt grundsätzlich für jedes Arbeitsverhältnis, ohne dass dafür eine ausdrückliche Regelung im Arbeitsvertrag nötig wäre.
Endet das Arbeitsverhältnis, fällt grundsätzlich auch das Konkurrenzverbot weg.
Allerdings können die Parteien ausdrücklich ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot für die Zeit nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers vereinbaren. Für den Arbeitgeber besteht sonst nämlich das Risiko, dass der Mitarbeiter vom einen auf den anderen Tag für einen direkten Konkurrenten arbeitet und dort sensible Informationen preisgibt.
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist allerdings nur unter strengen Voraussetzungen möglich:
- Der Arbeitnehmer erhält eine angemessene Karenzentschädigung. Dabei handelt es sich um eine Zahlung als Ausgleich für die eingeschränkte Jobwahl (mehr dazu unten).
- Die Vereinbarung wurde schriftlich getroffen.
- Sie ist zeitlich begrenzt.
- Sie ist für den Arbeitgeber erforderlich. Der Arbeitgeber muss also ein betriebliches Interesse an dem Wettbewerbsverbot geltend machen können (z.B. den Schutz von Betriebsgeheimnissen).
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei Kündigung durch den Arbeitgeber
Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer kündigt, gilt das nachvertragliche Wettbewerbsverbot zunächst uneingeschränkt.
Allerdings kann der Arbeitnehmer sich in der Regel davon lösen und anschließend für die Konkurrenz arbeiten. Das gilt insbesondere nach einer betriebsbedingten Kündigung.
Damit das Wettbewerbsverbot nicht mehr gilt, muss der Arbeitnehmer seinem ehemaligen Arbeitgeber innerhalb eines Monats nach der Kündigung schriftlich mitteilen, dass er sich nicht an das Verbot gebunden sieht. Notwendig ist ein handschriftlich unterschriebenes Schreiben. Eine Mail o.ä. genügt nicht.
Bei einer Kündigung durch den Arbeitgeber besteht das Lösungsrecht allerdings in drei Fällen nicht und der Arbeitnehmer ist weiterhin an das nachvertragliche Wettbewerbsverbot gebunden:
- Anlass für die Kündigung ist ein erheblicher Grund in der Person des Arbeitnehmers (z.B. eine berechtigte Kündigung wegen Krankheit).
- Kündigungsgrund ist ein vertragswidriges Verhalten des Arbeitnehmers.
- Der Arbeitgeber sagt zu, für die Dauer des Wettbewerbsverbots das gewöhnliche Gehalt auszuzahlen.
Achtung: Auch der Arbeitgeber kann sich nach einer von ihm ausgesprochenen Kündigung eventuell vom nachvertraglichen Wettbewerbsverbot lösen. Wenn er an dem Verbot kein Interesse mehr hat, spart er sich so die Karenzentschädigung. Das geht allerdings nur bei einer schweren Pflichtverletzung des Arbeitnehmers, die zu einer außerordentlichen (fristlosen) Kündigung berechtigt.
Natürlich können die Parteien ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot auch jederzeit einvernehmlich aufheben.
Nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei Kündigung durch den Arbeitnehmer
Bei einer Eigenkündigung des Arbeitnehmers gilt das Wettbewerbsverbot nach der Kündigung ebenfalls.
Ausnahme: Der Arbeitnehmer kündigt außerordentlich aus einem wichtigen Grund. Das kommt in Betracht, wenn der Arbeitgeber erheblich seine Pflichten verletzt.
Beispiel: Der Arbeitgeber zahlt trotz Abmahnung des Arbeitnehmers drei Monate lang kein Gehalt.
Dann darf der ehemalige Mitarbeiter sich ebenfalls vom Wettbewerbsverbot lösen und für die Konkurrenz arbeiten. Das Wettbewerbsverbot entfällt aber nicht automatisch! Der ehemalige Mitarbeiter muss vielmehr binnen eines Monats seit der Kündigung gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich erklären, dass er sich an das Wettbewerbsverbot nicht gebunden sieht.
Achtung: Der Arbeitnehmer sollte ausdrücklich außerordentlich (ggf. fristlos) kündigen, wenn er sein Lösungsrecht nutzen möchte. Nach einer ordentlichen Kündigung besteht das Lösungsrecht nicht.
Die Karenzentschädigung
Arbeitnehmer müssen ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht ohne finanziellen Ausgleich hinnehmen. Ihnen steht eine sog. Karenzentschädigung zu. Dabei handelt es sich um regelmäßige Zahlungen des Arbeitgebers.
Auch nach einer Eigenkündigung muss der Arbeitgeber die Karenzentschädigung zahlen!
Ohne die Zusage einer Karenzentschädigung ist das nachvertragliche Konkurrenzverbot unwirksam.
Achtung: Das gilt nicht für den Fall, dass der Arbeitgeber die zugesagte Karenzentschädigung schlicht nicht auszahlt. Hier gilt das Wettbewerbsverbot zunächst weiter. Der Arbeitnehmer kann aber die Zahlung einklagen oder für die weitere Dauer vom Wettbewerbsverbot zurücktreten. Im zweiten Fall ist er nach dem Rücktritt nicht mehr an das Konkurrenzverbot gebunden (Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 31.01.2018, Az.: 10 AZR 392/17).
Höhe der Karenzentschädigung
Die Höhe der Karenzentschädigung ist frei verhandelbar; sie muss allerdings mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen vertragsgemäßen Leistungen betragen. Sonst ist das Wettbewerbsverbot unverbindlich, s.u. Wird keine Vereinbarung über die Höhe getroffen, gilt die gesetzliche Mindesthöhe.
Allerdings muss der Arbeitnehmer sich andere Zahlungen womöglich anrechnen lassen.
Im Einzelnen: Die Karenzentschädigung bemisst sich nach den „zuletzt bezogenen vertragsmäßigen Leistungen“. Umfasst sind:
- Gehalt
- Provisionen und Tantiemen
- Sonderzahlungen
- Gratifikationen und
- Naturalleistungen (z.B. Dienstwagen,…).
Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge und Spesen werden nicht einbezogen.
Die Berechnung ist im Einzelfall allerdings sehr kompliziert!
Anrechnung anderweitiger Einkünfte
Auch ohne eine ausdrückliche Vereinbarung muss sich der Arbeitnehmer anderweitige Einkünfte anrechnen lassen. Hierzu zählt grundsätzlich alles, was er aus der Verwertung seiner Arbeitskraft erzielt.
Aus einer selbstständigen Tätigkeit ist nur der Gewinn anzurechnen, nicht auch die Umsätze.
Wenn der Arbeitnehmer naheliegende Arbeit nicht annimmt, muss er sich den sog. „fiktiven Erwerb“ anrechnen lassen. Die Aufnahme eines Studiums oder der Wechsel in den Ruhestand ist ihm allerdings im Regelfall nicht anzulasten.
Rechtlich umstritten ist die Frage, ob Arbeitslosengeld angerechnet werden muss. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) bejahte die Frage zuletzt noch (Urteil vom 14.11.2011, Az.: 10 AZR 198/10). In der Praxis fällt das Arbeitslosengeld ohnehin oftmals zu gering aus, um angerechnet zu werden. Das liegt an den Anrechnungsgrenzen.
Anrechnungsgrenze
Der wohl komplizierteste Aspekt der Karenzentschädigung sind die Anrechnungsgrenzen: Anderweitigen Verdienst muss sich der Arbeitnehmer nur eingeschränkt auf die Karenzentschädigung anrechnen lassen.
Die Theorie dahinter: Wenn der Arbeitnehmer ein neues Einkommen findet, ist er finanziell abgesichert. Nach wie vor ist er aber durch das nachvertragliche Wettbewerbsverbot auf einzelne Brachen beschränkt. Als Ausgleich soll ihm die Karenzentschädigung daher zumindest anteilig erhalten bleiben.
Der Arbeitnehmer muss sich seine anderweitigen Einkünfte nur dann auf die Karenzzahlung des Arbeitgebers anrechnen lassen, wenn er sonst (Neugehalt + Karenzentschädigung) mehr als 110% seines letzten Altgehalts bekäme.
Muss der Arbeitnehmer sogar seinen Wohnort wechseln, beginnt die Anrechnung erst ab 125% des Altgehalts.
Die Formel zur Berechnung der Grenze lautet:
Letztes durchschnittliches Monatsbrutto (Altgehalt) * 1,1 (1,25 bei Wohnortwechsel) = Anrechnungsgrenze
Beispiel: Ein gekündigter Mitarbeiter erhielt monatlich zuletzt 10.000 € brutto. Als Karenzentschädigung sind 6.000 € vereinbart. Sein Neugehalt für eine andere Tätigkeit an seinem vorherigen Wohnort beträgt 5.500 €.
10.000 * 1,1 = 11.000 €.
Der ehem. Mitarbeiter bekommt 5.500 € Neugehalt und 6.000 € Karenzentschädigung, also insgesamt 11.500 €. Damit liegt er 500 € über der Anrechnungsgrenze. Ihm stehen nur 11.000 € zu.
Der Arbeitgeber muss seinem ehemaligen Mitarbeiter infolge der Anrechnung nur 5.500 € Karenzentschädigung zahlen.
Wann gilt das Wettbewerbsverbot nach der Kündigung nicht?
Ein Wettbewerbsverbot nach der Kündigung ist für den Arbeitnehmer einschneidend. Daher gelten hohe Anforderungen an die Wirksamkeit. Viele Vereinbarungen sind unwirksam oder zumindest unverbindlich.
Unwirksames Wettbewerbsverbot
Bei folgenden Verstößen ist das Wettbewerbsverbot nach der Kündigung nichtig:
- Die Vereinbarung wurde nicht schriftlich getroffen.
- Der Arbeitnehmer war bei Unterzeichnung minderjährig oder Auszubildender.
- Der Arbeitgeber sichert keine Karenzentschädigung zu.
In diesen Fällen existiert die Vereinbarung rechtlich nicht. Der Arbeitnehmer darf also für die Konkurrenz arbeiten.
Unverbindliches Wettbewerbsverbot
Bei geringfügigen Verstößen ist das Konkurrenzverbot nur unverbindlich. In diesen Fällen hat der Arbeitnehmer ein Wahlrecht. Entweder kann er die angebotene Karenzentschädigung kassieren und untätig bleiben, oder er tritt bei Verzicht auf die Karenzentschädigung wieder in den Wettbewerb ein.
Gründe für die Unverbindlichkeit:
- Das Verbot soll länger als zwei Jahre gelten.
- Dem Arbeitnehmer wurde die schriftliche Vereinbarung des Wettbewerbsverbots nicht oder nicht mit Originalunterschrift ausgehändigt.
- Dem Arbeitnehmer wird eine zu geringe Karenzentschädigung zugesprochen.
- Die Karenzentschädigung wird fehlerhaft berechnet.
- Der Arbeitgeber hat kein berechtigtes Interesse an dem Wettbewerbsverbot. Ausreichend sind z.B. der Schutz von Geheimnissen oder drohender Kundenverlust. Nicht ausreichend ist bloße Einschränkung der Konkurrenz.
- Das Verbot ist zu weit gefasst. Es gilt also nicht nur dort, wo dem Arbeitgeber tatsächlich Konkurrenz droht.
Was passiert nach einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot?
Der Arbeitgeber hat verschiedene Instrumente, um Verstöße gegen ein Wettbewerbsverbot nach einer Kündigung zu ahnden:
- Verweigerung der Karenzentschädigung
- Klage auf Unterlassung
- Klage auf Zahlung einer Vertragsstrafe, wenn vereinbart
- Klage auf Schadensersatz, wenn sein Unternehmen schon Schaden genommen hat (z.B. entgangener Gewinn aus einem Auftrag, den der Ex-Mitarbeiter als Selbständiger angenommen hat)
Gilt das Wettbewerbsverbot auch nach einem Aufhebungsvertrag?
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist es im Ergebnis gleichgültig, ob das nachträgliche Wettbewerbsverbot erst im Aufhebungsvertrag oder schon im Arbeitsvertrag geschlossen wurde.
Auch die Gründe, aus denen sich der ehemalige Arbeitnehmer vom Wettbewerbsverbot lösen darf, sind auf Aufhebungsverträge anwendbar.
Vorsicht ist bei der Formulierung geboten.
Beispiel: Bereits die Klausel „Sämtliche Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis sind erledigt.“ veranlasst die Gerichte dazu, ein Wettbewerbsverbot aus dem Arbeitsvertrag als erledigt – und damit unbeachtlich – anzusehen.
Ratsam ist es deshalb, das Wettbewerbsverbot ausdrücklich zu benennen.
Gelten Besonderheiten für Geschäftsführer?
Die Geschäftsführer eines Unternehmens sind arbeitsrechtlich keine Arbeitnehmer. Dementsprechend bemisst sich auch die rechtliche Beurteilung nach anderen Maßstäben.
Grundsätzlich gilt aber auch hier, dass Wettbewerbsverbote an eine Entschädigung gekoppelt sein müssen. Ausnahmen können z.B. bei reinen Kundenschutzklauseln bestehen. Danach ist dem Geschäftsführer nach der Kündigung nur die Zusammenarbeit mit einzelnen Kunden untersagt.
Bei der Bemessung der angemessenen Karenzentschädigung besteht eine gewisse Rechtsunsicherheit. Die Rechtsprechung verweist insoweit auf die „schutzwürdigen Interessen“ beider Seiten. Wenn die Parteien sichergehen möchten, können sie sich an den Grundsätzen für Arbeitnehmer orientieren.
Als unzulässig wurden z.B. erachtet:
- Verbote, bei „sämtlichen Konkurrenzunternehmen“ einzusteigen
- Die Überschreitung einer Dauer von zwei Jahren sog. Kundenschutzklauseln.
Fazit
- Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot untersagt dem ausgeschiedenen Mitarbeiter die Tätigkeit in der Branche des ehemaligen Arbeitgebers.
- Das Verbot gilt nicht automatisch. Die Parteien können aber im Arbeits- oder Aufhebungsvertrag eine solche Regelung treffen.
- Die Vereinbarung muss eine Karenzentschädigung für den Arbeitnehmer vorsehen, die mindestens die Hälfte des letzten Gehalts beträgt.
- Wenn der ehemalige Arbeitnehmer anderweitigen Verdienst erzielt, muss er sich diesen teilweise auf die Karenzentschädigung anrechnen lassen.
- Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot kann unwirksam sein. Das ist etwa der Fall, wenn es nicht schriftlich abgeschlossen wurde, es mehr als zwei Jahre andauern soll oder keine Karenzentschädigung vereinbart ist.
- Für Geschäftsführer bestehen gesonderte Maßstäbe, die dem Arbeitgeber weitere Spielräume lassen.
Was wir für Sie tun können
Wir sind erfahrene Berater von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Geschäftsführern. Gerne stehen wir Ihnen in allen Angelegenheiten des Arbeitsrechts zur Seite. Dazu zählt insbesondere:
- Wir beraten Arbeitnehmer und Geschäftsführer, wie Sie nach einer Kündigung trotz Wettbewerbsverbot in der bisherigen Branche tätig werden können.
- Wir formulieren verlässliche nachvertragliche Wettbewerbsverbote für Arbeits- und Aufhebungsverträge.
- Im Streit über die Auszahlung einer Karenzentschädigung vertreten wir Sie mit langjähriger Prozesserfahrung vor Gericht.