Kündigung wegen Arbeitsverweigerung erfolgreich angreifen

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Erscheinen Sie nicht zur Arbeit, zerrütten Sie das Verhältnis zum Arbeitgeber. Dieser reagiert im schlimmsten Fall mit einer Kündigung wegen Arbeitsverweigerung. Ob und wann Ihre Entlassung möglich ist, erklären wir in diesem Beitrag.

  1. Kann der Arbeitgeber wegen Arbeitsverweigerung kündigen?
  2. Ab wann spricht man von Arbeitsverweigerung?
  3. Kann ich ohne Abmahnung gekündigt werden?
  4. Kann der Arbeitgeber fristlos kündigen?
  5. Wie wehre ich mich gegen eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung?
  6. Gibt es Fälle, in denen ich die Arbeit verweigern darf?
  7. Fazit

1. Kann der Arbeitgeber wegen Arbeitsverweigerung kündigen?

Als Arbeitnehmer haben Sie grundsätzlich die Pflicht zu arbeiten. Dafür werden Sie bezahlt. Dementsprechend ist auch eine Kündigung möglich, wenn Sie unberechtigt die Arbeit verweigern.

Arbeiten in Ihrem Betrieb regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer und sind Sie dort bereits seit mehr als sechs Monaten beschäftigt, sind Sie durch das Kündigungsschutzgesetz vor einer Entlassung geschützt. Das erschwert dem Arbeitgeber Ihre Kündigung. 

In Betracht kommt nur eine sog. verhaltensbedingte Kündigung. Diese setzt allerdings voraus, dass Sie zuvor abgemahnt wurden und die Arbeitsverweigerung ins Gewicht fällt. Eine Kündigung ist daher nicht immer gerechtfertigt. Wir zeigen Ihnen, worauf Sie achten sollten.

2. Ab wann spricht man von Arbeitsverweigerung?

Arbeitsverweigerung heißt nicht nur, dass Sie eine bestimmte Aufgabe nicht erledigen wollen. Der Begriff ist recht weit zu verstehen. Erscheinen Sie regelmäßig nicht zu den vereinbarten Zeiten, gilt das ebenfalls als Arbeitsverweigerung:

  • Regelmäßige längere Verspätungen
  • Sie gehen ohne Absprache frühzeitig in den Feierabend
  • Sie erscheinen nicht und melden sich auch nicht krank

Als Arbeitnehmer müssen Sie grundsätzlich Weisungen des Arbeitgebers beachten. Sofern die Anweisung nicht dem Arbeitsvertrag widerspricht, haben Sie ihr grundsätzlich zu folgen. 

Beispiele: 

  1. Im Arbeitsvertrag ist Köln als einziger Arbeitsort festgehalten. Ihr Arbeitgeber versetzt Sie nach fünf Jahren in eine andere Niederlassung, die sich ebenfalls in Köln befindet. Dem müssen Sie in aller Regel folgen. Befindet sich die andere Niederlassung hingegen in Bremen, reicht die Weisung grundsätzlich zu weit. Sie müssen nicht in Bremen zur Arbeit erscheinen.
  2. Im Arbeitsvertrag ist kein Arbeitsort genannt. Sie arbeiten fünf Jahre in der Niederlassung in Köln. Ob der Arbeitgeber Sie nun nach Bremen versetzen darf, hängt von einer Abwägung der jeweiligen Interessen ab. Haben Sie z.B. schulpflichtige Kinder und ist Ihr Ehegatte beruflich voll eingespannt, spricht dies stark gegen die Zulässigkeit der Versetzung.

Ähnliches gilt beim Wechsel ins Home-Office. Gestattet Ihnen der Arbeitgeber kein Home-Office, verweigern Sie unrechtmäßig die Arbeit, wenn Sie eigenmächtig Ihre Tätigkeit nach Hause verlegen. 

Auch, wenn Sie pünktlich und am richtigen Ort erscheinen, kann es zur Arbeitsverweigerung kommen. Erledigen Sie absichtlich nicht Ihre Aufgaben, ist auch das als Arbeitsverweigerung zu werten. Entscheidend ist aber Ihr Verhalten im Einzelfall. Haben Sie eine Aufgabe beispielsweise nicht erledigt, weil sie innerhalb der Arbeitszeit nicht zu schaffen war, gilt das nicht als Arbeitsverweigerung. Notwendig ist also gewissermaßen eine „böse Absicht“.

3. Kann ich ohne Abmahnung gekündigt werden?

Der Arbeitgeber ist grundsätzlich verpflichtet, zum mildesten Mittel zu greifen. Bevor er Ihnen kündigt, muss er Sie daher regelmäßig erst abmahnen. In vielen Fällen sind sogar mehrere Abmahnungen nötig. Es reicht auch nicht aus, dass der Arbeitgeber wegen irgendeines Fehlverhaltens abgemahnt hat. Die Abmahnung muss im Zusammenhang mit der Arbeitsverweigerung gestanden haben. 

Beispiel: Wenn der Arbeitgeber Sie erst wegen schlechter Leistung abmahnt und dann wegen Arbeitsverweigerung kündigen möchte, ist die Entlassung wahrscheinlich rechtswidrig. Denn in aller Regel muss der Arbeitgeber Sie zunächst auch wegen einer Arbeitsverweigerung abmahnen (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 3.3.2011 – Az. 25 Sa 2641/10).

Eine Abmahnung ist aber nicht immer erforderlich. Führt sie erkennbar nicht zur Besserung, ist sie entbehrlich.

Beispiel: A muss um 6:00 Uhr zur Arbeit erscheinen. Das ist ihm allerdings zu früh. Aus Prinzip erscheint er daher stets um 7:00 Uhr. Gegenüber seinem Chef gibt er an, er lasse sich lieber feuern, als um 6:00 Uhr arbeiten zu müssen.

Eine Abmahnung ist auch dann nicht erforderlich, wenn der Arbeitnehmer das Vertrauen des Arbeitsgebers tiefgreifend geschädigt hat. 

4. Kann der Arbeitgeber fristlos kündigen?

Zwar ist der Arbeitgeber regelmäßig zur vorherigen Abmahnung verpflichtet und erst dann zur verhaltensbedingten Kündigung berechtigt, im äußersten Fall kann er Ihnen aber auch fristlos kündigen. Die Hürden hierfür liegen hoch. 

Beispiel: Das LAG Nürnberg hat eine fristlose Kündigung zugelassen, weil der Arbeitnehmer die Arbeitsverweigerung ausdrücklich und ernsthaft angekündigt hatte (Urt. v. 16.10.2007 – Az. 7 Sa 233/07).

Entscheidend ist, dass es zu einem tiefgreifenden Zerwürfnis kommt und es dem Arbeitgeber nicht mehr zumutbar ist, am Arbeitsverhältnis festzuhalten. Das wird insbesondere auch bei beharrlicher Arbeitsverweigerung anzunehmen sein. Davon ist die Rede, wenn der Arbeitnehmer z.B. über Tage die Arbeit verweigert und sich ausdrücklich dem Arbeitgeber widersetzt.

5. Wie wehre ich mich gegen eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung?

Werden Sie wegen Arbeitsverweigerung gekündigt, sollten Sie sich umgehend mit uns in Verbindung setzen. 

Wichtig ist, dass Sie innerhalb von drei Wochen ab Erhalt der Kündigung Klage erheben. Andernfalls wird die Kündigung wirksam. Sie ist dann nicht mehr angreifbar.

Das richtige Mittel hierzu ist eine Kündigungsschutzklage. Der Arbeitgeber muss Ihnen dann nachweisen, dass Sie tatsächlich die Arbeit verweigert haben. Bewiesen werden muss auch, dass der Verstoß schwerwiegend genug war, um Sie zu kündigen.

Beachten Sie: Der erste Verstoß reicht nur in wenigen Fällen zur wirksamen Kündigung aus. In aller Regel muss der Arbeitgeber Ihnen zahlreiche einzelne Weigerungen nachweisen, um Sie entlassen zu können.

Fehleranfällig und deshalb angreifbar ist insbesondere die Versetzung an einen anderen Arbeitsplatz. Hierbei nehmen Arbeitgeber häufig zu wenig Rücksicht auf die familiären Verhältnisse des Arbeitnehmers oder die Erreichbarkeit des neuen Arbeitsortes. Entscheidend ist auch, ob der Arbeitgeber vor der Versetzung den Betriebsrat angehört und um Zustimmung gebeten hat. Fehlt die Zustimmung, ist die Kündigung grundsätzlich unwirksam.

6. Gibt es Fälle, in denen ich die Arbeit verweigern darf?

Nicht jeder Fall der Arbeitsverweigerung kann Ihnen schaden. In bestimmten Fällen dürfen Sie ausnahmsweise die Arbeit verweigern. Dies ist aber immer für den Einzelfall zu beurteilen. Sie sollten sich daher zunächst rechtlich beraten lassen, bevor Sie die Arbeit niederlegen.

a. Unzumutbare Weisungen

Eine Arbeitsverweigerung ist vor allem bei unzumutbaren Weisungen des Arbeitgebers gerechtfertigt. Grundsätzlich darf er Ihnen zwar Weisungen erteilen. Geht das jedoch zu weit, dürfen Sie die Ausführung verweigern.

Beispiele:

  • A arbeitet im Schichtbetrieb in der Industrie. Er hat gerade seine Spätschicht zu Ende gebracht, als sein Arbeitgeber ihn anweist, auch in der Nachtschicht zu arbeiten. Die Weisung widerspricht dem Arbeitszeitgesetz (§ 5 ArbzG). Sie ist daher unwirksam. A darf die Weisung deshalb missachten.
  • B ist IT-Experte. Weil im Betrieb gerade nicht viel zu tun ist, weist der Arbeitgeber ihn an, Kurierfahrten zu übernehmen. B verweigert dies zurecht, weil es nicht seinem Aufgabenfeld und seiner Qualifikation entspricht, als Fahrer tätig zu sein. Etwas anderes kann nur gelten, wenn der Arbeitsvertrag dies vorsieht oder ein Notfall vorliegt (einzelne Fahrt hat größte Bedeutung für den Betrieb und lässt sich nicht anders bewerkstelligen).

Schließlich sind Sie auch nicht verpflichtet, Weisungen zu folgen, die Sie in Gefahren bringen, für die Sie nicht qualifiziert sind.

Beispiel: A arbeitet für einen Fassadenbauer als Fahrzeugführer. Weil mehrere Fassadenbauer krank fehlen, weist der Arbeitgeber A an, die Fassadenarbeiten selbst durchzuführen. A verweigert dies, weil er für diese Arbeiten nicht geschult ist.

b. Ausbleibende Lohnzahlungen

Eine Arbeitsverweigerung kann auch dann zulässig sein, wenn der Arbeitgeber Ihnen mehrmals keinen Lohn gezahlt hat. Grundsätzlich sind Sie als Arbeitnehmer vorleistungspflichtig. Das heißt, Sie werden nachträglich (am Ende des Monats) für Ihre Arbeit vergütet. Hat der Arbeitgeber Sie jedoch in den Vormonaten nicht vergütet, können Sie die Arbeit verweigern, bis der Arbeitgeber Sie bezahlt hat. 

Doch Vorsicht: Ab wann Sie die Arbeit verweigern dürfen, ist meist eine Frage des Einzelfalles. Hat Ihr Arbeitgeber bisher stets pünktlich gezahlt und die Verspätung angekündigt, sind Sie grundsätzlich weiter zur Arbeit verpflichtet. Bevor Sie die Arbeit verweigern, sollten Sie sich daher zunächst mit uns absprechen.

c. Persönliche Gründe

Auch persönliche Gründe können ausnahmsweise eine Arbeitsverweigerung rechtfertigen. Dazu zählen zum Beispiel religiöse Haltungen, die Kindesbetreuung oder auch psychische Notlagen (z.B. Mobbing am Arbeitsplatz). In all diesen Fällen hat die Rechtsprechung ein Recht zur Arbeitsverweigerung bejaht. Entscheidend sind aber stets die Umstände des Einzelfalls.

Beachten Sie: In den meisten Fällen hilft es, den Arbeitgeber auf diese Umstände hinzuweisen. So verhindern Sie, unentschuldigt zu fehlen und dadurch Ihren Anspruch auf Lohn zu verlieren.

7. Fazit

  • Eine Kündigung wegen Arbeitsverweigerung ist grundsätzlich möglich.
  • In der Regel ergeht eine verhaltensbedingte Kündigung. In extremen Fällen ist auch eine fristlose Kündigung denkbar.
  • Regelmäßig ist der Arbeitgeber zunächst zur Abmahnung verpflichtet.
  • Arbeitsverweigerung liegt vor, wenn Sie den Weisungen des Arbeitgebers nicht folgen oder nicht zu den vereinbarten Arbeitszeiten erscheinen.
  • Weisungen des Arbeitgebers sind häufig unwirksam. Sie dürfen sie dann missachten.
  • Gegen eine Kündigung sollten Sie innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erheben. Ansonsten wird die Kündigung endgültig wirksam.
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