Der Betrieb schließt, es gibt einen Sozialplan für die Arbeitnehmer – alles gut? Nicht immer sollten Arbeitnehmer Sozialplan und Kündigung einfach hinnehmen. Denn oft können sie bessere Bedingungen nachverhandeln.
Dieser Beitrag beantwortet Ihnen die wichtigsten Fragen zum Sozialplan, von der Kündigung bis hin zur Abfindung.
- Was ist ein Sozialplan?
- Gibt es nach jeder betriebsbedingten Kündigung einen Sozialplan?
- Gibt es immer eine Sozialplanabfindung?
- Wie funktioniert das Punktesystem im Sozialplan?
- Lohnt sich eine Kündigungsschutzklage trotz Sozialplan?
- Wie lang ist die Kündigungsfrist im Sozialplan?
- Kündigung nach Sozialplan erhalten – was tun?
- Fazit
- Was wir für Sie tun
1. Was ist ein Sozialplan?
Der Sozialplan ist eine verbindliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat. Er enthält verschiedene Regelungen, um die mit der Kündigung einhergehenden Nachteile für die entlassenen Arbeitnehmer abzumildern.
Das Gesetz gibt nicht vor, welchen Inhalt der Sozialplan genau haben muss.
- Abfindungen
- Zuschüsse zu Umzugs- und Fahrtkosten
- Umschulungsmaßnahmen („Transfer-Sozialplan“)
- Bezahlung von Bewerbungskosten
- Freistellungen
Ein Sozialplan hat für die betroffenen Arbeitnehmer also viele Vorteile und ist gerade nach einer Kündigung enorm wichtig. Wann genau ein Sozialplan für Sie relevant wird, erklären wir Ihnen im folgenden Abschnitt.
2. Gibt es nach jeder betriebsbedingten Kündigung einen Sozialplan?
Nein, Sie können nicht bei jeder betriebsbedingten Kündigung einen Sozialplan erwarten. Kurz gesagt: Ein Sozialplan wird dann vereinbart, wenn ein größerer Arbeitgeber seinen Betrieb schließen oder viele Mitarbeiter entlassen möchte. Die maßgeblichen Regelungen finden sich in den §§ 111-113 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).
Für einen Sozialplan gibt es im Wesentlichen vier Voraussetzungen:
- Im Unternehmen besteht ein Betriebsrat.
- Der Betrieb beschäftigt in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer.
- Das Unternehmen ist älter als vier Jahre.
- Der Arbeitgeber will seinen Betrieb umgestalten, beispielsweise ganz oder teilweise stilllegen oder eine bestimmte Anzahl an Arbeitnehmern entlassen. Wichtige Schwellenwerte für die Entlassungen finden Sie in § 112a BetrVG.
Werden diese Anforderungen erfüllt, ist der Sozialplan für Ihren Arbeitgeber Pflicht. Er muss den Betriebsrat über seine Pläne informieren, mit diesem verhandeln und einen Sozialplan abschließen. Lässt Ihr Arbeitgeber sich schon gar nicht auf die Verhandlungen ein oder verweigert er den Abschluss eines Sozialplans, kann der Betriebsrat die Einigungsstelle anrufen. Dieses betriebsinterne Gremium von Vertretern der Arbeitnehmer und des Arbeitgebers kann dann selbst einen Sozialplan aufstellen.
Sollten die Voraussetzungen aber nicht vorliegen, muss Ihr Arbeitgeber auch nicht zwingend einen Sozialplan aushandeln.
3. Gibt es immer eine Sozialplanabfindung?
Sozialpläne enthalten häufig, aber nicht immer eine Abfindung. Eine gesetzliche Verpflichtung besteht nicht. Grundsätzlich sind Ihr Arbeitgeber und der Betriebsrat frei, wie genau Sie die Arbeitnehmer nach der Kündigung unterstützen wollen.
Gut zu wissen: Der Sozialplan ist nicht Ihre einzige Möglichkeit, um eine Abfindung zu erhalten. Oft bietet der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern auch dann eine Abfindung an, wenn diese von sich aus kündigen oder einen Aufhebungsvertrag abschließen. So sollen lange Rechtsstreitigkeiten vermieden und Arbeitnehmer schnell entlassen werden. Sie müssen daher genau abwägen, wie Sie am besten vorgehen sollten. Sie sollten nicht selbst kündigen oder einen Aufhebungsvertrag unterschreiben, ohne vorher mit einem Fachanwalt für Arbeitsrecht gesprochen zu haben.
4. Wie funktioniert das Punktesystem im Sozialplan?
Nur in wenigen Fällen erhalten alle Arbeitnehmer die Abfindung in gleicher Höhe. Vielmehr richtet sich der konkrete Abfindungsbetrag meist nach sozialen Gesichtspunkten.
Um die Höhe der einzelnen Abfindungen zu berechnen, wird unter anderem folgendes System verwendet: Der Arbeitgeber stellt eine feste Geldsumme für Abfindungen bereit. Dieser Betrag wird nun auf die Arbeitnehmer verteilt. Dazu werden verschiedene Kriterien wie das Alter und Unterhaltsverpflichtungen einbezogen. So entsteht ein Punktesystem. Wer mehr Punkte hat, bekommt einen höheren Anteil vom Gesamtbetrag.
Meist werden im Punktesystem folgende Kriterien benutzt:
- Lebensalter: Ältere Arbeitnehmer werden häufig bevorzugt, da ihre Chancen auf dem Arbeitsmarkt schlechter sind. Eine Ausnahme kann jedoch für rentennahe Jahrgänge gelten. Diese werden ohnehin in absehbarer Zeit durch staatliche Leistungen versorgt und benötigen daher für die Überbrückung keine hohe Abfindung.
- Unterhaltsverpflichtungen: Arbeitnehmer mit Unterhaltsverpflichtungen werden durch eine Kündigung meist besonders hart getroffen und sollen daher auch eine höhere Abfindung erhalten.
- Familienstand: Verheiratete Arbeitnehmer erhalten oft einen größeren Anteil.
- Schwerbehinderungen: Arbeitnehmer mit einer Schwerbehinderung erhalten in der Regel mehr Geld, da ihre Jobsuche oft erschwert ist.
- Dauer der Betriebszugehörigkeit: Je länger ein Arbeitnehmer für den Arbeitgeber tätig war, desto höher die Abfindung. So soll Betriebstreue belohnt werden.
Wichtig: Wie die verschiedenen Kriterien genau gewichtet werden, entscheiden Arbeitgeber und Betriebsrat von Fall zu Fall anders. Ob und wie hoch Ihre Abfindung ausfällt, hängt also davon ab, was Ihr Betriebsrat und Arbeitgeber vereinbaren. Die Berechnung ist mitunter kompliziert und fehleranfällig. Sie sollten die für Sie errechnete Summe daher anwaltlich überprüfen lassen, um kein Geld zu verschenken.
5. Lohnt sich eine Kündigungsschutzklage trotz Sozialplan?
Eine Klage gegen die betriebsbedingte Kündigung zahlt sich in vielen Fällen aus. Sie können nämlich nicht nur durch den Sozialplan an eine Abfindung gelangen.
Insbesondere wenn Sie Ihrem Arbeitgeber zeigen, dass Sie mit der Kündigung nicht einverstanden sind und klagen wollen, wird er Ihnen unter Umständen einen größeren Betrag anbieten. Gleiches gilt, wenn Sie sich vor Gericht einigen („vergleichen“). Denn in vielen Fällen ist ein langwieriger Rechtsstreit für Ihren Arbeitgeber kostenintensiver als eine höhere Abfindung. Je schwieriger Ihre Kündigung ist, desto besser stehen Ihre Chancen. Unter Umständen zahlt Ihr Arbeitgeber auch dann mehr, wenn Sie ihm einen Aufhebungsvertrag anbieten und dadurch früher aus dem Unternehmen ausscheiden. Dann sollten Sie allerdings auf Komplikationen mit dem Arbeitslosengeld achten!
- Sie genießen besonderen Kündigungsschutz (z.B. Schwerbehinderte, Schwangere, Mitarbeiter in Elternzeit, Betriebsräte).
- Ihr Arbeitgeber schließt den Betrieb nur teilweise und entlässt daher nicht alle Arbeitnehmer. Hier muss eine Sozialauswahl durchgeführt werden, die komplex und fehleranfällig ist. Daher kann die Kündigung unwirksam sein.
- Sie genießen durch einen Tarifvertrag besonderen Kündigungsschutz.
- Wenn viele Mitarbeiter in einem kurzen Zeitraum entlassen werden, muss dies vorher der Bundesagentur für Arbeit angezeigt werden. Eine solche Massenentlassungsanzeige ist fehleranfällig, sodass Kündigungen hier nicht selten unwirksam sind.
- Der Sozialplan stellt Sie vor die Wahl, ob Sie in eine Transfergesellschaft eintreten oder die Abfindung erhalten wollen. Eine solche Regelung ist grundsätzlich unzulässig.
Ihr Fall findet sich nicht bei diesen Beispielen? Es gibt noch weitere Situationen, in denen Ihr Arbeitgeber Ihnen womöglich eine höhere Abfindung zahlen wird. Meist kommt es entscheidend auf das Verhandlungsgeschick an. Wenden Sie sich daher frühzeitig an einen Anwalt, der Sie fachkundig unterstützt.
In manchen Fällen lohnt es sich hingegen weniger, gegen Ihre Kündigung zu klagen. Dafür können z.B. diese Aspekte sprechen:
- Sie sind in einem sog. „Interessenausgleich mit Namensliste“ aufgeführt. Dies erleichtert Ihrem Arbeitgeber insbesondere die Sozialauswahl. Sie haben dann geringere Chancen, hier einen Fehler darzulegen. 100% fehlerfrei ist Ihre Kündigung aber auch unter diesen Umständen nicht.
- Teils gibt es besondere Prämien für Arbeitnehmer, die bereits vor Ablauf der Kündigungsfrist aus dem Unternehmen ausscheiden („Sprinter-“ oder „Turboklausel“). Oft wird für jeden Tag, den Sie das Unternehmen früher verlassen, ein Bonus gezahlt. Solche Klauseln sind für Sie besonders attraktiv, wenn Sie bereits eine Anschlussstelle gefunden haben. Dann können Sie selbst kündigen und diese Prämie einstreichen. Gleichzeitig gehen Sie nicht das Risiko eines Gerichtsprozesses ein.
6. Wie lang ist die Kündigungsfrist im Sozialplan?
Die Kündigungsfrist ist von Arbeitnehmer zu Arbeitnehmer verschieden. Entscheidend ist, wie lange Sie für Ihren Arbeitgeber tätig waren. Die genauen Kündigungsfristen können in § 622 BGB nachgelesen werden. Sie reichen von wenigen Wochen bis zu mehreren Monaten.
Auch der Sozialplan kann hiervon nicht abweichen und die Kündigungsfristen verkürzen. Eine Ausnahme gilt für Tarifverträge, die in manchen Fällen einen Sozialplan des Betriebsrats ersetzen bzw. daneben treten können. Diese sehen manchmal kürzere Kündigungsfristen vor (vgl. § 622 Abs. 4 BGB).
7. Kündigung nach Sozialplan erhalten – was tun?
In Ihrem Betrieb wurde ein Sozialplan aufgestellt und Sie haben eine betriebsbedingte Kündigung erhalten? Dann sollten Sie in jedem Fall einen erfahrenen Fachanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen.
- Sollten Sie die Abfindung annehmen oder nachverhandeln? Ein Anwalt kann prüfen, ob in Ihrem Fall womöglich eine höhere Abfindung erzielt werden kann. Eventuell sollten Sie sogar klagen. Spätestens dann ist die Unterstützung durch einen Anwalt zu empfehlen.
- Falls eine Transfergesellschaft angeboten wird, sollten Sie die Konditionen prüfen, zu denen Sie hier beschäftigt werden können.
- Wichtig ist auch, dass Sie sich bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitssuchend melden, um keine Sperrzeit beim Arbeitslosengeld zu riskieren.
8. Fazit
- Ein Sozialplan wird vereinbart, wenn ein größerer Arbeitgeber seinen Betrieb schließen oder viele Mitarbeiter entlassen will.
- Arbeitgeber und Betriebsrat vereinbaren den Sozialplan.
- Wichtigster Bestandteil dieser Vereinbarung sind meist Abfindungen für entlassene Mitarbeiter.
- Die Höhe der Abfindung unterscheidet sich von Arbeitnehmer zu Arbeitnehmer. Teils wird ein Punktesystem benutzt.
- Eine Kündigungsschutzklage lohnt sich meist, wenn Ihre Kündigung, beispielsweise aufgrund besonderen Kündigungsschutzes, erschwert ist.
- Ihre Kündigungsfrist richtet sich nach der Dauer Ihrer Betriebszugehörigkeit (§ 622 BGB).
- Falls Sie nach einem Sozialplan eine Kündigung erhalten haben, sollten Sie in jedem Fall die Unterstützung eines Fachanwalts für Arbeitsrecht suchen.
9. Was wir für Sie tun können
Für Arbeitnehmer:
- Wir prüfen, welche Option sinnvoller für Sie ist: Die Abfindung aus dem Sozialplan annehmen oder nachverhandeln?
- Wir führen ggf. Verhandlungen mit Ihrem Arbeitgeber und erheben im äußersten Fall Klage für Sie.
- Selbstverständlich nehmen wir auch alle sozialrechtlichen Aspekte in den Blick, insbes. das Arbeitslosengeld.
Für Arbeitgeber:
- Sozialpläne sind etwas für Spezialisten. Wir sind mit der Materie vertraut und unterstützen Sie gerne unmittelbar bei den Verhandlungen oder als Berater im Hintergrund.
- Wir begleiten Ihre gesamte Restrukturierung und sorgen so dafür, dass die wirtschaftlichen Kosten sich in Grenzen halten.