Kündigungsschutzklage einreichen ohne Anwalt: 3 Schritte zur Abfindung

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Die Kündigung ist erst einmal ein Schock. Sie können aber Kündigungsschutzklage erheben und so Ihre Entlassung von einem Gericht prüfen lassen. Wir erklären Ihnen, wie Sie eine Kündigungsschutzklage einreichen und was Sie dabei beachten müssen. 

Beachten Sie bitte, dass eine Kündigungsschutzklage ohne Anwalt unüblich und riskant ist. Ohne Prozesserfahrung riskieren Sie, Ihre Stelle zu verlieren oder eine zu geringe Abfindung zu erhalten. Wir raten deshalb in jedem Fall dazu, einen Fachanwalt für Arbeitsrecht hinzuzuziehen.

  1. Die drei wichtigsten Schritte
  2. Erfolgsquote der Kündigungsschutzklage
  3. Welche Kosten entstehen?
  4. Frist: Wie lange kann man Kündigungsschutzklage einreichen?
  5. Ablauf der Kündigungsschutzklage im Detail
  6. Werde ich weiterbezahlt?
  7. Kein Arbeitslosengeld ohne Kündigungsschutzklage?  
  8. Fazit
  9. Was wir für Sie tun können

1. Die drei wichtigsten Schritte

Das sind die wichtigsten drei Schritte, um eine Kündigungsschutzklage einzureichen: 

1. Klagefrist ausrechnen und beachten

Sie haben ab Zugang der Kündigung nur drei Wochen Zeit, um Klage zu erheben. Nach Ablauf der Frist können Sie sich nicht mehr gegen Ihre Entlassung wehren und der Arbeitsplatz ist endgültig verloren.

2. Klageschrift anfertigen und abschicken 

Als nächstes müssen Sie eine Klageschrift beim zuständigen Arbeitsgericht einreichen. Das ist in aller Regel das Arbeitsgericht an Ihrem Arbeitsort. Eine zielführende Klageschrift werden Sie nur mithilfe eines Anwalts verfassen können.

Folgendes sollte mindestens in Ihrer Klageschrift stehen: 

  • Beteiligte Parteien: Name und Anschrift des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers. 
  • Klageantrag: Das Gericht soll feststellen, dass die Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht beendet hat.
  • Klagebegründung: Hier erklären Sie, warum die Kündigung rechtswidrig ist.
  • Unterschrift: Schließlich müssen Sie die Klageschrift selbst unterschreiben. 

Der Klageschrift sollten Sie außerdem entsprechende Unterlagen anhängen. Hierunter fallen, sofern vorhanden, insbesondere: 

  • eine Kopie des Kündigungsschreibens,
  • eine Kopie des Arbeitsvertrages und
  • Lohnabrechnungen. 

„Eingereicht“ ist die Kündigung, wenn die Klageschrift beim zuständigen Arbeitsgericht eingegangen ist. Dies ist auch online möglich, allerdings nur mit qualifiziert elektronischer Signatur oder per besonders sicherem Übertragungsweg (insbes. das anwaltliche Postfach beA). 

3. Gerichtstermin wahrnehmen 

Als nächstes wird das Arbeitsgericht Sie auffordern, zum Gütetermin zu erscheinen. Sie werden dort mit Ihrem Anwalt in der Regel über eine Abfindung verhandeln. 

Wenn dies erfolgslos bleibt, findet einige Monate später der Kammertermin statt. Dort wird das Gericht Ihnen und dem Arbeitgeber Fragen zur Kündigung stellen und anschließend über die Wirksamkeit der Kündigung entscheiden. Sie können bis zum Urteil weiterhin über eine Abfindung verhandeln.

2. Erfolgsquote der Kündigungsschutzklage 

Die Erfolgsquote einer Kündigungsschutzklage ist hoch. Das Verfahren endet meist auf einem dieser drei Wege: 

  1. Wiedereinstellung: Die Kündigung war unwirksam und Sie arbeiten nach der Kündigungsschutzklage wieder für Ihren Arbeitgeber. 
  2. Abfindung: Sie einigen sich mit dem Arbeitgeber auf eine Abfindung. Das Unternehmen zahlt Ihnen eine bestimmte Summe und Sie akzeptieren im Gegenzug die Kündigung. Damit ist das Arbeitsverhältnis beendet. 
  3. Sie verlieren, weil das Gericht die Kündigung für wirksam hält. 

Am häufigsten kommt es zur Einigung auf eine Abfindung. 

Wir schätzen, dass mehr als 80% Prozent der Kündigungsschutzklagen mit einer Abfindung oder der Wiedereinstellung enden.

Dies liegt daran, dass der Kündigungsschutz für Arbeitnehmer in Deutschland sehr stark ist und Arbeitgeber in der Regel hohe Hürden überwinden müssen, um erfolgreich kündigen zu können.

Arbeitnehmer mit besonderem Kündigungsschutz haben sogar eine noch bessere Erfolgsaussicht: Auszubildende, Schwangere, Eltern in Elternzeit, Schwerbehinderte und Betriebsratsmitglieder können nur unter sehr engen Voraussetzungen oder gar nicht gekündigt werden. 

In manchen Fällen hat die Kündigungsschutzklage weniger Aussicht auf Erfolg: 

  • Bei Arbeitnehmern in der Probezeit oder in einem Kleinbetrieb mit weniger als 10 Beschäftigten gilt der allgemeine Kündigungsschutz nicht. Sie sind dann nur vor willkürlichen, sittenwidrigen und ähnlich verwerflichen Kündigungen geschützt. 
  • Wenn ein Unternehmen viele Stellen abbaut, gibt es gelegentlich einen Interessensausgleich mit Namensliste. Wenn Sie auf dieser Namensliste stehen, ist Ihr Kündigungsschutz ebenfalls eingeschränkt. 

3. Welche Kosten entstehen? 

Bei einer Kündigungsschutzklage fallen Gerichtskosten und Anwaltskosten an. Beide sind gesetzlich festgelegt und hängen von der Höhe Ihres Gehalts ab.  

Die Gerichtsgebühren können je nach Ausgang des Verfahrens auch geringer ausfallen oder sogar ganz der Verliererpartei auferlegt werden. Die Anwaltskosten der Kündigungsschutzklage hingegen trägt jede Partei grundsätzlich selbst. Der Gegner muss sie in der ersten Instanz nicht erstatten, selbst wenn Sie den Prozess gewinnen.

Brutto-MonatsgehaltGerichtskostenAnwaltskosten
3.000 Euro490 Euro 1.683,85 Euro
5.000 Euro 648 Euro2.159,85 Euro
10.000 Euro898 Euro2.864,93 Euro

Achtung: Einigen sich die Parteien vor Gericht auf einen Vergleich, gibt es kein Urteil. Die Gerichtskosten entfallen dann in der Regel. Allerdings erhält der Rechtsanwalt dann eine zusätzliche Gebühr, dessen Höhe in etwa den Gerichtskosten entspricht.

4. Frist: Wie lange kann man Kündigungsschutzklage einreichen? 

Sie haben nur drei Wochen Zeit, um die Kündigungsschutzklage einzureichen.

Die Frist beginnt mit dem Zugang des Kündigungsschreibens, also sobald Sie das Kündigungsschreiben erreicht (einfach gesprochen). Der Arbeitgeber muss Ihnen die Kündigung in Papierform aushändigen oder per Post zusenden. 

Achtung: Auch wenn Sie nicht in den Briefkasten schauen, ist die Kündigung zugegangen, sobald der Arbeitgeber davon ausgehen kann, dass Sie Ihre Post gelesen haben (oft noch am selben Tag). Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitgeber wusste, dass der Arbeitnehmer im Urlaub war (BAG, Urteil vom 22.03.2012, Az. 2 AZR 224/11).

5. Ablauf der Kündigungsschutzklage im Detail

Das Verfahren einer Kündigungsschutzklage kann von der Klageerhebung bis zum Urteil oder Vergleich oft mehrere Monate dauern: 

  1. Der Arbeitnehmer und sein Anwalt prüfen die Erfolgsaussichten der Klage und reichen rechtzeitig Klage beim Arbeitsgericht ein. 
  2. Die Parteien werden nach einigen Wochen zu einem sog. Gütetermin geladen, in dem es bereits zu einer Einigung mit Abfindung kommen kann. 
  3. Bleibt der Gütetermin erfolglos, lädt das Gericht zum Kammertermin. Meist dauert es einige Monate bis zu dem Termin. Im Vorfeld tauschen die gegnerischen Parteien Schriftsätze aus. Darin argumentieren sie, warum die Kündigung unwirksam bzw. wirksam ist. 
  4. Im Kammertermin versucht das Gericht erneut, eine Einigung zwischen den Parteien zu erzielen. Gelingt dies nicht, verkündet das Gericht ein Urteil. Klassischerweise wird darin die Kündigung für wirksam oder unwirksam erklärt. 
  5. Der Verlierer des Prozesses kann Berufung einlegen und versuchen, das Urteil zu kippen. 

6. Werde ich weiterbezahlt? 

Nach der Kündigung arbeiten Sie während der Kündigungsfrist noch weiter. Die Frist dauert nach der Probezeit meist mehrere Monate. Während dieser Zeit muss der Arbeitgeber Sie natürlich weiterbezahlen. 

Sobald die Kündigungsfrist abgelaufen ist, erhalten Sie grundsätzlich keine Gehälter mehr. Nach der fristlosen Kündigung ist das sogar gleich nach Zugang der Kündigung der Fall, denn es gibt keine Kündigungsfrist.

In zwei wichtigen Ausnahmefällen können Sie jedoch Lohnfortzahlung verlangen. Der Arbeitgeber muss Sie dann während der Kündigungsschutzklage weiterbezahlen und beschäftigen:

  1. Der Betriebsrat widerspricht der Kündigung: Wenn es einen Betriebsrat gibt, kann dieser unter bestimmten Umständen der Kündigung widersprechen. Der Arbeitgeber muss Sie dann während des Kündigungsschutzprozesses weiterbeschäftigen. Sie erhalten weiterhin Ihren vollen Lohn. Aber Achtung: Sie müssen diese Lohnfortzahlung ausdrücklich vom Arbeitgeber verlangen.
  2. Die Kündigungsschutzklage hat gute Erfolgsaussichten: Wenn Sie mit der Kündigungsschutzklage vor Gericht mit hoher Wahrscheinlichkeit Erfolg haben, können Sie ebenfalls Ihr Gehalt verlangen und weiterarbeiten.

Beispiele: Das Arbeitsgericht hat die Kündigung schon einmal für unwirksam erklärt; der Arbeitgeber kündigt aber aus demselben Grund erneut (BAG, Urteil vom 19.12.1985 – 2 AZR 190/85) oder das Arbeitsgericht hat Ihnen in erster Instanz bereits Recht gegeben, der Arbeitgeber legt aber Berufung ein, sodass der Rechtsstreit vor ein höheres Gericht geht.

7. Kein Arbeitslosengeld ohne Kündigungsschutzklage? 

Wenn Sie arbeitslos sind, steht Ihnen grundsätzlich Arbeitslosengeld I zu. 

Sie müssen keine Kündigungsschutzklage erheben, um die Leistung zu erhalten. Arbeitslosengeld I erhalten Sie auch dann, wenn der Arbeitgeber Ihnen kündigt und Sie die Kündigung wehrlos hinnehmen. Selbst wenn die Kündigung offensichtlich angreifbar war, beeinträchtigt das Ihren Anspruch auf Arbeitslosengeld nicht.  

Aber Achtung: Wenn die Arbeitsagentur Ihnen nachweisen kann, dass die Kündigung des Arbeitgebers auf eine Absprache mit Ihnen zurückgeht, drohen unangenehme Folgen. Sie müssen dann mit einer Sperrzeit von meist 12 Wochen rechnen. In dieser Zeit erhalten Sie kein Arbeitslosengeld, weil die Arbeitsagentur Ihre Absprache als einvernehmliche Trennung wertet. Deshalb gelten die Regeln für Aufhebungsverträge, die häufig eine Sperrzeit vorsehen.

8. Fazit

  • Sie müssen innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Entlassung Kündigungsschutzklage einreichen, andernfalls wird die Kündigung wirksam. 
  • Eine Kündigungsschutzklage ist auch ohne Anwalt möglich. Davon raten wir ab. 
  • Die Kündigungsschutzklage besteht im Wesentlichen aus dem Klageantrag, der Klagebegründung und wichtigen Dokumenten wie Arbeitsvertrag und Kündigungsschreiben.
  • Kündigungsschutzklagen haben eine hohe Erfolgsquote. Vor Gericht bietet der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer daher oft schon im ersten Gütetermin eine Abfindung an. Im Gegenzug soll der Arbeitnehmer dann die Klage fallen lassen. 
  • Die Höhe der Anwalts- und Gerichtskosten richtet sich nach dem Gehalt des Arbeitnehmers. 
  • Der Arbeitgeber muss Sie trotz Kündigung weiterbezahlen, wenn Sie die Kündigungsschutzklage voraussichtlich gewinnen werden oder wenn der Betriebsrat der Kündigung widersprochen hat.
  • Arbeitslosengeld erhalten Sie meist auch, wenn Sie keine Kündigungsschutzklage erheben.

9. Was wir für Sie tun können

Wir beraten Arbeitnehmer in allen Fragen des Arbeitsrechts. 

Ein Schwerpunkt unserer Tätigkeit liegt auf der Vertretung in Kündigungsschutzklagen. Wir stehen Arbeitnehmern zur Seite, indem wir

  • sie zu den Erfolgsaussichten einer Kündigungsschutzklage beraten. 
  • Fristen im Auge behalten.
  • die Klageschrift formulieren und einreichen sowie weitere Schriftsätze mit der Gegenseite austauschen.
  • unsere Mandanten vor Gericht vertreten und unsere rechtliche Expertise für sie einsetzen.
  • eine möglichst hohe Abfindung für sie aushandeln. 
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