Das Vermieterpfandrecht: Wie kann der Vermieter beim Mieter pfänden?

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Mietnomaden, Schäden an der Wohnung oder zahlungsunwillige Mieter: In vielen Fällen müssen Vermieter vergebens auf ihr Geld warten. Zwar berechtigt sie das unter Umständen zur fristlosen Kündigung, trotzdem entstehen oft wirtschaftliche Schäden, die schwer auszugleichen sind. Für solche Fälle hat der Gesetzgeber das Vermieterpfandrecht vorgesehen.

Zahlt der Mieter seine Rechnungen nicht, kann der Vermieter wegen dieses Rechts Wertsachen aus der Wohnung des Mieters verkaufen und die Erlöse mit den offenen Ansprüchen verrechnen.

Das Vermieterpfandrecht ist ein gesetzliches Recht und besteht somit in jedem Mietverhältnis auch ohne eine vertragliche Einigung der Parteien, sowohl bei der Wohnraum-, als auch bei der Geschäftsraummiete. Den Vertragsparteien steht es jedoch frei, das Vermieterpfandrecht vertraglich auszuschließen.

  1. Welche Ansprüche des Vermieters sind gesichert?
  2. Welche Gegenstände können gepfändet werden?
  3. Welche Dinge sind von der Pfändung durch den Vermieter ausgeschlossen?
  4. Wie wird das Vermieterpfandrecht ausgeübt?
  5. Wann erlischt das Vermieterpfandrecht?
  6. In welchen Fällen ist das Vermieterpfandrecht praktisch relevant?
  7. Fazit

Welche Ansprüche des Vermieters sind gesichert?

Zu den gesicherten Ansprüchen gehören nur solche, die direkt aus dem Mietvertrag resultieren, also:

  • Ansprüche auf Zahlung der Miete
  • Schadenersatzansprüche wegen Beschädigungen
  • Voraus- oder Nachzahlungsansprüche von Betriebskosten
  • Räumungskosten

Auch die Mietforderungen für das laufende und folgende Mietjahr sind gesichert (§ 562 Abs. 2 Bürgerliches GesetzbuchBGB). Ansprüche gegen den Mieter, die nicht direkt aus dem Mietvertrag folgen, beispielsweise aus einem Darlehensvertrag, sind hingegen nicht durch das Vermieterpfandrecht gesichert.

Welche Gegenstände können gepfändet werden?

Voraussetzung für die Anwendung des Vermieterpfandrechts ist, dass die Gegenstände vom Mieter willentlich und dauerhaft in die Mieträume eingebracht wurden.

Einbringen im Sinne des § 562 Abs. 1 BGB erfordert allerdings nicht, dass die Sachen fest und unverrückbar in der Mietsache untergebracht sind. Es genügt, wenn sie nach außen erkennbar mit dem Mietobjekt in Verbindung stehen.

In diesem Sinne eingebracht sind daher auch private oder gewerbliche Kfz, wenn sie sich in mitvermieteten Garagen oder Abstellplätzen befinden. Auch das Warenlager eines Kaufmanns gilt als eingebracht, selbst wenn die einzelnen Waren bald verkauft werden sollen. Für dieses „Einbringen“ ist es außerdem nicht erforderlich, dass der Mieter sich der Entstehung des Pfandrechts bewusst ist.

Welche Dinge sind von der Pfändung durch den Vermieter ausgeschlossen?

Der Mieter muss, wenn er im Rückstand mit seinen Zahlungen ist, nicht um sein gesamtes Hab und Gut fürchten. Das BGB und die Zivilprozessordnung (ZPO) stellen Grenzen auf, innerhalb derer der Vermieter sein Recht geltend machen kann.

Das Vermieterpfandrecht besteht nur an Sachen im Sinne des Zivilrechts (§ 90 BGB), daher scheiden Rechte aus. Nicht umfasst sind somit zum Beispiel

  • Sparbücher
  • Hypothekenbriefe
  • Kraftfahrzeugpapiere

Ausgeschlossen sind Dinge ohne wirtschaftlichen und von bloß persönlichem Wert für den Mieter, zum Beispiel

  • Fotos
  • Briefe
  • persönliche Andenken

Das Vermieterpfandrecht erstreckt sich außerdem nur auf Gegenstände, die im Eigentum des Mieters stehen. Ausgeschlossen sind somit

  • Sachen von Angehörigen
  • Sachen von Untermietern
  • Leihgaben
  • Sachen, die der Mieter zur Sicherung übereignet hat (zum Beispiel an eine Bank zur Sicherung eines Darlehens)

Auch wenn alle o.g. Voraussetzungen erfüllt sind, ist eine Sache nicht notwendigerweise vom Vermieter pfändbar. Es besteht nämlich ein Katalog von Dingen, die aus sozialen Gründen grundsätzlich nicht pfändbar sind. Dieser ist in § 811 ZPO festgeschrieben. Genannt werden dort zum Beispiel Sachen des persönlichen Gebrauchs, die der Schuldner für eine „seiner Berufstätigkeit und seiner Verschuldung angemessene, bescheidene Lebens- und Haushaltsführung“ benötigt.

Dadurch werden unter anderem ausgeschlossen:

  • Betten, Wäsche und Haushaltsgeräte
  • Waschmaschinen
  • Fernsehgeräte und Radios
  • Berufskleidung
  • Bücher
  • Prothesen und Brillen

Diese hier aufgeführte Liste ist nicht abschließend und die Pfändbarkeit von Gegenständen ist jeweils im Einzelfall zu beurteilen.

Zu beachten ist ferner, dass Austauschpfändungen möglich sind. Besitzt der Mieter beispielsweise einen besonders wertvollen Fernseher, kann der Vermieter diesen unter der Voraussetzung pfänden, dass er dem Mieter ein günstigeres Modell zur Verfügung stellt, das den Unterhaltungs- und Informationsbedürfnissen gerecht wird.

Wie wird das Vermieterpfandrecht ausgeübt?

Um Gegenstände in Pfand zu nehmen, muss vorher ein gerichtlicher Vollstreckungstitel erwirkt werden. Erforderlich ist also in der Regel, dass der Vermieter den Mieter erfolgreich auf Zahlung der Miete verklagt. Die Durchsetzung des Pfandrechts erfolgt dann durch einen vom Gericht bestellten Gerichtsvollzieher.

Es ist dem Vermieter nicht erlaubt, im Falle von nicht bezahlten Mietschulden eigenmächtig in die gemieteten Räume einzudringen und Dinge an sich zu nehmen. Tut er dies dennoch, so ist er dem Mieter schadenersatzpflichtig, liefert ihm einen Grund zur fristlosen Kündigung und macht sich unter Umständen wegen Hausfriedensbruchs strafbar.

Macht der Vermieter das Pfandrecht gerichtlich geltend, kann der Mieter die Durchsetzung verhindern, indem er beim zuständigen Amtsgericht eine ausreichende Sicherungsleistung hinterlegt.

Die Verwertung des Pfandes findet nach den allgemeinen Regeln des BGB statt: Ist die gesicherte Forderung aus dem Mietvertrag fällig, so ist der Vermieter nach der Verkaufsandrohung und einer Frist von einem Monat berechtigt, die Sache (in der Regel im Wege der öffentlichen Versteigerung) zu verkaufen. Übersteigt der Erlös des Verkaufs den Wert der Forderung, so muss der Vermieter dem Mieter den Überschuss zurückgeben.

Wann erlischt das Vermieterpfandrecht?

Das Vermieterpfandrecht besteht während des gesamten Mietverhältnisses. Der Vermieter muss den Mieter nicht etwa erst auf Zahlung verklagen.

Es erlischt allerdings, soweit Gegenstände aus der Mietsache entfernt werden. Hierbei ist zu unterscheiden:

  • Der Vermieter kann das Erlöschen seines Pfandrechts nicht verhindern, wenn der Mieter Gegenstände zu gewöhnlichen Zwecken entfernt. Der Vermieter kann also Sachen nicht mehr pfänden, die der Mieter zum Beispiel auf Reisen mitgenommen, in Reparatur gegeben oder an Freunde verliehen hat.Auch wenn der Wert der verbleibenden Gegenstände zur Sicherung der fälligen Zahlungen offenkundig ausreicht, erlischt mit der Entfernung einer Sache das Pfandrecht an ihr.
  • In allen anderen Fällen kann der Vermieter unter Umständen verhindern, dass sein Pfandrecht mit der Entfernung erlischt.Wurden Sachen ohne Kenntnis des Vermieters oder unter seinem Widerspruch entfernt, kann er verlangen, dass die Sache in die Wohnung zurückgebracht wird. Ist der Mieter schon ausgezogen, kann der Vermieter die Herausgabe der Sache an sich selbst verlangen.
    Das Pfandrecht bleibt also bei Widerspruch oder Unkenntnis des Vermieters zunächst bestehen. Es erlischt einen Monat nachdem der Vermieter Kenntnis von der Entfernung der Sachen erlangt hat, wenn er es nicht vorher gerichtlich geltend gemacht hat.
    Dem Vermieter kommt außerdem ein sogenanntes „Sperrrecht“ zu. Dazu muss er der Entfernung der Sache zunächst widersprechen. Es besteht dann nach § 562b Abs. 1 S. 1 BGB ein Selbsthilferecht, wonach es dem Vermieter auch ohne gerichtlichen Beschluss erlaubt ist, die Entfernung von Pfandsachen selbst zu verhindern. Hierbei ist zu beachten, dass auch dieses Selbsthilferecht den Vermieter nicht zu allen Maßnahmen berechtigt. Es ist Zurückhaltung geboten, insbesondere bei gewaltsamen Maßnahmen:Solange der Mieter noch im Besitz der Sache ist – die Wohnung, in der sich der Gegenstand befindet, also noch bewohnt – darf der Vermieter diese nicht einfach an sich nehmen. Er hat der Entfernung der Sache aus der Wohnung zunächst zu widersprechen. Ist die Entfernung aus der Wohnung gerade im Gange und dauert noch an, kann der Vermieter unter Umständen zu drastischeren Maßnahmen wie dem Verschließen von Türen greifen. Gewalt gegen die Person des Mieters selbst ist allenfalls in besonderen Ausnahmesituationen zulässig. Es ist unbedingt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. 
Zieht der Mieter aus bzw. bereitet dies konkret vor, darf der Vermieter die Sache auch in Besitz nehmen.Zieht der Mieter hingegen aus bzw. bereitet dies konkret vor, darf der Vermieter die Sache auch in Besitz nehmen.

Entfernt der Mieter trotz berechtigten Widerspruchs des Vermieters Gegenstände aus der Mietsache, so macht er sich unter Umständen der Pfandkehr (§ 289 Strafgesetzbuch) strafbar.

In welchen Fällen ist das Vermieterpfandrecht relevant?

Bei zahlungsunfähigen Mietern von Wohnraum sind selten pfändbare Gegenstände von Wert vorhanden. Die Sicherungsfunktion des Vermieterpfandrechts wird dort weitgehend durch die Kaution ersetzt. Bei der Wohnraummiete erlangt das Vermieterpfandrecht jedoch Bedeutung bei der sogenannten „Berliner Räumung“. Nach diesem Modell sorgt der Gerichtsvollzieher bei einer Räumungszwangsvollstreckung lediglich für die Herausgabe der Wohnung, während der Vermieter sein Pfandrecht an dem Mobiliar der Wohnung geltend macht. So werden die oftmals hohen Kosten für Abtransport und Lagerung der Einrichtung gespart.

Diese sog. „Berliner Räumung“ ist aufgrund des Mietrechtsänderungsgesetzes nicht mehr unbedingt erforderlich, da der Umfang der Räumungsvollstreckung auch ohne ein Pfandrecht gemäß § 885a Abs. 1 ZPO auf die Herausgabe der Wohnung beschränkt werden kann. In der Praxis wird die Berliner Räumung aber auch heute noch regelmäßig durchgeführt.

Essentiell ist das Vermieterpfandrecht außerdem bei der Vermietung von Geschäftsräumen. Hier handelt es sich oft um hohe Forderungen, die gesichert sein wollen und meist stehen dem Vermieter wertvolle Maschinen oder sonstige Einrichtung als Sicherung zur Verfügung.

Fazit

  • Das Vermieterpfandrecht entsteht grundsätzlich an allen Sachen, die der Mieter in die Mietsache einbringt.
  • Es sichert sämtliche Ansprüche, die unmittelbar aus dem Mietverhältnis entspringen.
  • Das Gesetz sieht eine Reihe von Gegenständen vor, die der Pfändung nicht unterliegen und dem Mieter somit in jedem Fall erhalten bleiben. Hierzu zählen insbesondere persönliche Dinge wie Kleidung, Fernsehen und Berufsbedarf.
  • Um das Vermieterpfandrecht geltend machen zu können, hat der Vermieter einen Vollstreckungstitel auf Zahlung zu erwirken, in der Regel also Klage zu erheben.
  • Vorher stehen ihm im engen Rahmen lediglich Selbsthilferechte zu, die das Entfernen der Sachen aus dem Mietobjekt und damit das Erlöschen des Pfandrechts verhindern sollen.
  • Die Verwertung der Pfandsache erfolgt in aller Regel im Rahmen der öffentlichen Versteigerung.

 

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