Eine außerordentliche Kündigung von Wohnraummietverträgen wegen Mietrückstands kann grundsätzlich auch nach achtmonatigem Abwarten erfolgen. Die Regelung des § 314 Abs. 3 BGB findet keine Anwendung. Dies entschied der 8. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) am 13. Juli 2016.
Kündigung wegen Mietrückstands ausgesprochen
Die Klägerin ist eine katholische Kirchengemeinde. Sie hatte der Beklagten, einer ehemaligen Mitarbeiterin, seit 2006 eine Wohnung vermietet. Die Beklagte zahlte die Miete für die Monate Februar und April 2013 nicht. Nachdem die Klägerin die Beklagte abgemahnt hatte, entschuldigte sich diese und versprach Nachholung. In den folgenden Monaten erfolgte jedoch keine Nachzahlung. Daraufhin kündigte die Klägerin der Beklagten im November 2013 außerordentlich und fristlos wegen der Mietrückstände. Es kam zum Streit über die Kündigung, sodass die Klägerin schließlich Räumungs- und Herausgabeklage erhob.
In erster Instanz hielt das Amtsgericht die Räumungsklage für wirksam. Das Landgericht hingegen urteilte im Berufungsverfahren, die Klägerin habe mit ihrer außerordentlichen fristlosen Kündigung zu lange gewartet. Es gelte die allgemeine Regelung des § 314 Abs. 3 BGB, nach der „[d]er Berechtigte (…) nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen [kann], nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.“
Kündigung von Wohnraummietverträgen folgt spezieller Regelung
§ 314 BGB trifft generelle Regelungen für Dauerschuldverhältnisse; im BGB gibt es in den §§ 535 ff. für Dauerschuldverhältnisse in Form von Mietverträgen hingegen spezifische Sonderregelungen, die dem § 314 BGB grundsätzlich vorgehen. Die allgemeine Regelung des § 314 BGB kann grundsätzlich nur dann herangezogen werden, wenn es keine speziellere Regelung gibt. Hier waren die Gerichte unterschiedlicher Auffassung, ob die speziell mietrechtlichen §§ 543, 569 BGB die Frage der außerordentlichen Kündigung abschließend – ohne Hinzuziehung von § 314 BGB – regeln.
In der Tat lagen zwischen dem Zeitpunkt der Kenntniserlangung beider Mietrückstände im April 2013 und dem Zeitpunkt der Kündigung im November 2013 sieben Monate. Die Kündigung war nach Auffassung des Landgerichts, das § 314 Abs. 3 BGB für anwendbar hielt, daher nicht mehr innerhalb einer angemessenen Frist erfolgt und somit unwirksam.
Auch bei Anwendung von § 314 Abs. 3 BGB Frist gewahrt
Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf und entschied nunmehr, dass § 314 Abs. 3 BGB im Bereich des Wohnraummietrechts keine Anwendung neben den spezielleren §§ 543, 569 BGB findet. Nach Auffassung des Senats wäre aber selbst bei Anwendbarkeit des § 314 Abs. 3 BGB die Kündigung ohnehin noch fristgerecht erfolgt. Denn die Klägerin habe auf die Entschuldigung der Beklagten hin aus Rücksicht auf sie noch gewartet, um ihr Gelegenheit zur Nachzahlung zu geben. Die Zahlungsrückstände hatte die Beklagte indes trotz Mahnung auch nach einem halben Jahr noch nicht beglichen. Dieses Verhalten sei schon nicht als unangemessen langes Abwarten zu werten, entschied der BGH.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 13. Juli 2016 – VIII ZR 296/15.