Verstirbt ein Gesellschafter einer GmbH, fällt sein Geschäftsanteil den Erben zu. Das führt zu einer oft ungewollten Veränderung des Gesellschafterkreises.
Wir zeigen Ihnen, wie Sie vorbeugen können.
- Was gilt beim Tod eines Gesellschafters laut Gesetz?
- Welche abweichenden Gestaltungen sind möglich?
a. Einziehungsklausel
b. Abtretungsklausel
c. Weitere Möglichkeiten - Welche Gestaltungsmöglichkeit ist besser?
- Ist auch die Auflösung der GmbH nach dem Tod möglich?
- Fazit
1. Was gilt beim Tod eines Gesellschafters laut Gesetz?
Die Geschäftsanteile an einer GmbH sind gemäß § 15 Abs. 1 GmbHG vererblich. Anders als bei den Personengesellschaften fällt der Geschäftsanteil eines Gesellschafters bei dessen Tod den Erben zu. Hinterlässt der Verstorbene nur einen Alleinerben, tritt dieser in die Gesellschafterstellung ein. Hat ein Gesellschafter jedoch mehrere Erben, erhalten diese den Geschäftsanteil grundsätzlich als Erbengemeinschaft. Der Geschäftsanteil wird dadurch zum sog. Gesamthandsvermögen der Miterben. Bis zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft verwaltet diese den Geschäftsanteil gemeinschaftlich (§ 18 GmbHG).
Ist ein Testamentsvollstrecker eingesetzt, übt dieser das Stimmrecht des verstorbenen Gesellschafters aus.
2. Welche abweichenden Gestaltungen sind möglich?
Die Gesellschafter haben deshalb oftmals ein Interesse daran, die Erben aus der GmbH auszuschließen oder ihre Rechte zu beschränken. Das ist auch grundsätzlich möglich. In der Rechtspraxis bestehen hierzu im Wesentlichen zwei Möglichkeiten:
a. Einziehungsklausel
Eine Option ist die sog. Einziehungsklausel.
Wozu führt eine Einziehungsklausel?
Eine Einziehungsklausel erlaubt den übrigen Gesellschaftern, den Geschäftsanteil des verstorbenen Gesellschafters bzw. Erben durch Gesellschafterbeschluss einzuziehen. Dadurch erlöschen die Rechte und Pflichten der Erben. Der Geschäftsanteil fällt anteilig den übrigen Gesellschaftern zu („Anwachsen“). Alternativ beschließen die Gesellschafter in einem weiteren Beschluss, dass sie das Stammkapital um die Höhe des Anteils reduzieren. Der Geschäftsanteil ist dann quasi vernichtet.
Den Erben steht in aller Regel eine Abfindung zu.
Welche Voraussetzungen müssen geschaffen werden?
Voraussetzung einer solchen Einziehungsklausel ist eine entsprechende Ermächtigung der Gesellschafter in der Satzung der GmbH (§ 34 Abs. 1 GmbHG). Sieht der Gesellschaftsvertrag eine Einziehung also nicht vor, können die Gesellschafter den Geschäftsanteil auch nicht durch Einziehung vor dem Zugriff der Erben schützen.
Beachten Sie: Die Einziehung erfolgt durch Beschluss der Gesellschafterversammlung (§ 46 Nr. 4 GmbHG). Eine automatische Einziehung des Anteils bei Tod eines Gesellschafters ist also nicht möglich. Solange ein Beschluss nicht wirksam gefasst wurde, greifen die gesetzlichen Regelungen des Erbrechts. Die Erben können also so lange über den Geschäftsanteil verfügen. Um das zu verhindern, sollte daher zusätzlich eine Abtretungsbeschränkung in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden („Vinkulierung“). Außerdem empfehlen wir meist, das Stimmrecht aus dem Anteil für diesen Zeitraum zu beschränken.
Das Gesetz unterscheidet zwischen zwei Arten der Einziehung:
- Einziehung mit Zustimmung des Gesellschafters (hier der Erben)
- Zwangseinziehung
Letztere ist nur zulässig, wenn ihre Voraussetzungen ausdrücklich im Gesellschaftsvertrag geregelt sind, und zwar schon bevor der verstorbene Gesellschafter in den Gesellschafterkreis aufgenommen wurde. Wird die Klausel erst später hinzugefügt, sollten idealerweise sämtliche Gesellschafter der Satzungsänderung zugestimmt haben. Andernfalls besteht ein gewisses Maß an Rechtsunsicherheit.
Üblicherweise werden in der Satzung bestimmte Fallgruppen aufgenommen, bei deren Vorliegen eine Zwangseinziehung erfolgen kann. Dazu zählen:
- Insolvenz des Gesellschafters
- Pfändung des Geschäftsanteils
- Verfügung über den Geschäftsanteil an einen Dritten
- Grobe Pflichtverletzungen
- Tod des Gesellschafters
Besteht also eine ordnungsgemäße Einziehungsklausel, ermöglicht diese in der Regel eine Einziehung des Geschäftsanteils ohne Zustimmung der Erben.
Eine Einziehung ist allerdings nur möglich, wenn der verstorbene Gesellschafter zuvor seine Stammeinlage vollständig erbracht hat (§ 19 Abs. 2 GmbHG). Außerdem muss der Einziehungsbeschluss auch dem Gesellschafter bzw. den Erben mitgeteilt werden. Andernfalls wird er nicht wirksam.
Bis wann muss der Anteil eingezogen werden?
Grundsätzlich kann die Zwangseinziehung nur innerhalb eines angemessenen Zeitraums nach Eintritt des Einziehungsgrundes erfolgen. Im Fall des Todes des Gesellschafters wird dieser Zeitraum allerdings großzügig bemessen, da zunächst beispielsweise eine Zusammenarbeit mit den Erben getestet werden kann. Entscheidend sind aber auch hier die Umstände des Einzelfalls. Durften die Erben auf einen Bestand der Gesellschafterstellung vertrauen, kann eine Zwangseinziehung verwirkt sein.
Wonach bemisst sich die Abfindung?
Im Fall der Einziehung steht den Erben als Gesellschaftern eine Abfindung zu. Sie erhalten also eine Ausgleichszahlung für den Eingriff in ihr Erbe. Kann die Gesellschaft diese Abfindung nicht aufbringen, ist eine Einziehung nicht möglich.
Die Satzung sollte näher auf die Abfindung eingehen. In manchen Fällen kann sie die Zahlung sogar ausschließen. Dafür ist allerdings ein gewichtiger sachlicher Grund erforderlich.
Maßgeblich ist in der Regel der Verkehrswert. Dieser ist allerdings zum einen schwer zu ermitteln, zum anderen ist das Bewertungsverfahren aufwändig und teuer. Daher empfiehlt es sich, auf andere Werte abzustellen, etwa den Buchwert. Ob dies zulässig ist, lässt sich nur am Einzelfall bemessen. Wichtig ist, dass die GmbH auf ausreichend Liquidität zurückgreifen kann, um die Abfindung zu stemmen. Außerdem darf die Abfindung nicht dazu führen, dass die Stammeinlage an den Erben ausgezahlt wird. Das Vermögen muss also entsprechend hoch sein, was sich etwa durch satzungsmäßige Gewinnrücklagen erreichen lässt.
b. Abtretungsklausel
Als zweite Möglichkeit können Sie auch eine sog. Abtretungsklausel in den Gesellschaftsvertrag aufnehmen.
Was bewirkt die Abtretungsklausel?
Die Erben des verstorbenen Gesellschafters werden verpflichtet, den Geschäftsanteil an eine bestimmte Person abzutreten. Auch hier erhält der Erbe / erhalten die Erben grundsätzlich eine Abfindung.
Abtretungsklauseln sind in der Regel darauf ausgelegt, den Gesellschafterkreis nicht anwachsen zu lassen. Deshalb sehen sie meist vor, dass nur ein Erbe in die Gesellschaft einrückt.
An wen ist der Anteil abzutreten?
Häufig ist der Anteil einem anderen Gesellschafter abzutreten. Es kommen aber auch unbeteiligte Dritte, andere Erben oder die GmbH selbst in Betracht. Erwirbt die GmbH selbst den Anteil, ist § 33 Abs. 2 GmbHG zu beachten. Der Empfänger muss nicht zwingend im Gesellschaftsvertrag benannt sein, sondern kann auch z.B. von einem Beirat bestimmt werden. Dann allerdings sollten die Kriterien der Benennung möglichst eng umschrieben sein. Auch die fachliche Qualifikation kann dabei eine Rolle spielen.
Wie läuft die Abtretung ab?
Die Abtretung selbst erfolgt durch notariellen Übertragungsvertrag (§ 15 Abs. 3 GmbHG). Weigern sich die Erben, kann die GmbH den Erben gerichtlich zur Abtretung zwingen. Um diese Situation von vornherein zu vermeiden, kann der Gesellschaftsvertrag die GmbH auch ermächtigen, selbst die Abtretung durchzuführen („Zwangsabtretung“).
Was gilt für die Abfindung?
Auch hier ist eine Abfindung der Erben vorgesehen. Allerdings ist sie im Rahmen der Abtretungsklausel vom Erwerber zu zahlen, nicht von der GmbH (es sei denn, die GmbH selbst erhält den Anteil). Wie oben sollten auch hier entsprechende Regelungen in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden.
c. Weitere Möglichkeiten
Nicht immer wollen die Gesellschafter die Erben des Verstorbenen von der Gesellschaft ausschließen. Dann kann es allerdings sinnvoll sein, durch gesellschaftsvertragliche Regelungen den Einfluss der Erben zu kontrollieren.
Der Gesellschaftsvertrag kann bestimmen, dass Sonderrechte des Verstorbenen nicht auf die Erben übergehen. Auch können Stimmrechte beschränkt werden. Wirksam ist dies aber nur, wenn ein sachlicher Grund für die Beschränkung besteht.
Um Problemen mit einer Erbengemeinschaft vorzubeugen, können Sie vorschreiben, dass sich eine Erbengemeinschaft durch einen gemeinschaftlichen Vertreter oder einen Testamentsvollstrecker vertreten lassen muss.
3. Welche Gestaltungsmöglichkeit ist besser?
Auf diese Frage gibt es keine pauschale Antwort. Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Sie schließen sich auch nicht gegenseitig aus. Das heißt, Sie können in Ihrem Gesellschaftsvertrag sowohl eine Einziehungsklausel als auch eine Abtretungsklausel verankern. So können Sie im Einzelfall entscheiden, welche Variante für Sie und Ihr Unternehmen in der konkreten Situation besser ist.
Dieses Problem besteht bei der Abtretungslösung in der Regel nicht, da die „Entschädigung“ dort von dem übernehmenden neuen Gesellschafter getragen wird. Voraussetzung ist natürlich, dass dieser zur Zahlung imstande ist.
Einziehungs- und Abtretungsklauseln unterscheiden sich auch hinsichtlich der Mitwirkung der Erben. Während eine Einziehung meist zwangsweise ohne Beteiligung der Erben möglich ist, müssen diese bei der Abtretung grundsätzlich mitwirken. Gerade bei „schwierigen Erben“ kann dies zu teueren Verzögerungen führen. Sieht der Gesellschaftsvertrag hierfür allerdings eine Abtretungsermächtigung der Gesellschaft vor, wird dieses Problem minimiert. Sie sollten sich daher im Vorfeld bereits Gedanken über potenzielle Rechtsnachfolger machen.
Beachten Sie, dass sowohl die Einziehung als auch die Abtretung zu einer Veränderung in der Gesellschafterliste führt. In beiden Fällen müssen Sie also eine Änderung der Gesellschafterliste in die Wege leiten (§ 40 GmbHG).
Zudem sind zahlreiche steuerrechtliche Aspekte zu beachten, die wir gemeinsam mit unserer steuerrechtlichen Partnerschaft in den Blick nehmen.
4. Ist auch die Auflösung der GmbH nach dem Tod möglich?
In manchen Personengesellschaften sieht das Gesetz grundsätzlich die Auflösung der Gesellschaft beim Tod eines Gesellschafters vor. Eine Auflösung der Gesellschaft ist auch in der GmbH möglich. Voraussetzung ist aber, dass der Gesellschaftsvertrag diese Rechtsfolge ausdrücklich vorgibt (§ 60 Abs. 2 GmbHG).
5. Fazit
- GmbH-Geschäftsanteile sind vererblich. Grundsätzlich treten also die Erben des verstorbenen Gesellschafters als Erbengemeinschaft in die GmbH ein.
- Im Gesellschaftsvertrag können Regelungen getroffen werden, die die Erben aus der GmbH ausschließen.
- Durch eine Einziehungsklausel können die Gesellschafter per Beschluss den Geschäftsanteil des Verstorbenen einziehen. In aller Regel müssen sie den Erben eine Abfindung zahlen.
- Eine Abtretungsklausel schreibt den Erben vor, dass sie den Geschäftsanteil an eine bestimmte Person abzutreten haben. Unter Umständen kann die Abtretung auch durch die GmbH selbst vorgenommen werden.
- Die Klauseln schließen sich im Gesellschaftsvertrag nicht gegenseitig aus. In der Regel lohnt sich daher eine Kombination beider Varianten.
- Der Tod eines Gesellschafters kann Auflösungsgrund i.S.v. § 60 Abs. 2 GmbHG sein, wenn der Gesellschaftsvertrag dies vorgibt.