Als naher Angehöriger steht Ihnen in vielen Fällen ein Pflichtteil vom Erbe zu. Die Einforderung Ihres Pflichtteils kann allerdings schwierig sein. Wie Sie Ihren Pflichtteil durchsetzen, erklären wir Ihnen ausführlich in diesem Beitrag.
- Wann habe ich Anspruch auf einen Pflichtteil?
- In vier Schritten zum Pflichtteil
- Was kann ich tun, wenn der Erbe nicht zahlt?
- Bis wann muss ich den Pflichtteil einfordern?
- Welche Kosten kommen auf mich zu?
- Fazit
- Was wir für Sie tun können
1. Wann habe ich Anspruch auf einen Pflichtteil?
Den Pflichtteil können Sie nur beanspruchen, wenn Sie als naher Angehörige des Verstorbenen eigentlich sein gesetzlicher Erbe wären, aber wegen Enterbung oder Ausschlagung kein Erbe erhalten.
Zu den nahen Angehörigen mit Recht auf einen Pflichtteil gehören gemäß § 2303 BGB folgende Personen:
- Kinder des Verstorbenen
- Ehepartner
- Eltern des Verstorbenen, sofern der Verstorbene keine eigenen Kinder hatte
Weiterhin können in einigen Fällen auch die Enkel und Urenkel des Verstorbenen einen Pflichtteil beanspruchen. Dies wäre beispielsweise der Fall, wenn das Kind des Erblassers bereits verstorben ist. Daneben gibt es noch weitere seltene Fälle.
Können Sie einen Pflichtteil beanspruchen, besteht dieser in der Hälfte Ihres gesetzlichen Erbteils.
Wichtig: Während Sie als Erbe auch die einzelnen Gegenstände vom Verstorbenen erhalten, können Sie bei einem Pflichtteil nur Geld verlangen. Bestimmte Sachen des Verstorbenen, beispielsweise Schmuck, können Sie daher nicht einfordern. Das lässt sich allenfalls auf dem Verhandlungswege erreichen. Die Erben müssen dann zustimmen. Das Wichtigste zuerst: Sie müssen aktiv werden, um Ihren Pflichtteil zu erhalten. Während ein Erbe automatisch auf Sie übergeht, gestaltet sich die Lage bei einem Pflichtteil komplizierter. Hier können Sie bei Tod Ihres Angehörigen nur eine bestimmte Geldsumme fordern. Zur Zahlung verpflichtet ist der Erbe oder die Erbengemeinschaft. Gehen Sie hier am besten schriftlich vor, andernfalls könnte ein späterer Nachweis schwerfallen. Nachdem Sie Ihren Pflichtteil eingefordert haben, muss die Höhe Ihres Pflichtteils ermittelt werden. Dieser Prozess ist meistens mit einigem Aufwand verbunden. Die Höhe Ihres Pflichtteils richtet sich nach dem Wert des Nachlasses. Da Sie vom Erben aber nur eine bestimmte Geldsumme fordern können, muss der gesamte Nachlass bewertet werden. Die Bewertung des Nachlasses ist nicht Ihre Sache, sondern Pflicht der Erben (§ 2314 BGB). Die Erben müssen daher nun genau feststellen, welche Gegenstände des Erblassers wie viel wert sind. Dies mag bei einem Bankkonto einfach sein, bei wertvollen Sachen, wie beispielsweise Antiquitäten, gestaltet sich die Lage jedoch schwieriger. Nach der Wertermittlung wird Ihnen der Erbe im besten Fall das Ergebnis mitteilen. Das Ergebnis der Wertermittlung ist für Sie natürlich von großer Bedeutung. Sie können daher die Auskunft einfordern (§ 2314 BGB). Der Erbe muss Sie dann über das Vermögen und die Schulden des Verstorbenen informieren. Es ist unter Juristen umstritten, ob der Erbe seine Angaben Ihnen gegenüber durch Belege nachweisen muss. Trauen Sie den Aussagen des Erben jedoch nicht, so können Sie auch fordern, dass durch die Behörde oder einen Notar ein Nachlassverzeichnis aufgenommen wird. In diesem ist das Vermögen des Erblassers aufgegliedert. Der Auskunftsanspruch bezieht sich nicht nur auf die Vermögenswerte zum Zeitpunkt des Erbfalles, sondern auf alle lebzeitigen Zuwendungen des Erblassers, insbesondere Schenkungen und Zuwendungen im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge. Auch bei solchen Zuwendungen kann der Pflichtteilsberechtigte sog. Pflichtteilsergänzungsansprüche geltend machen. Der Umfang dieses Anspruches ist davon abhängig, wann solche Zuwendungen erfolgt sind. Idealerweise erhalten Sie nach der Wertermittlung und Erteilung der Auskunft über das Vermögen des Erblassers den Pflichtteil ausgezahlt. Leider ist das nicht immer so. Wie Sie vorgehen müssen, wenn der Erbe die Zahlung oder bereits die Auskunft verweigert, zeigen wir Ihnen im nächsten Abschnitt. In den meisten Fällen ist klar, dass Sie einen Pflichtteil beanspruchen können und wie hoch dieser ist. Trotzdem sind Erbsachen oft hochemotionale Angelegenheiten, bei denen es nicht immer rational zugeht. Es kommt daher immer wieder vor, dass Erben die Auszahlung des Pflichtteils verweigern. Dieser wird mit Ihnen das weitere Vorgehen beraten und zunächst schriftlichen Kontakt zum Erben aufnehmen. Ihr Anwalt wird dem Erben nun noch einmal die Rechtslage verständlich darlegen und den Erben zur Zahlung auffordern. Genügt das anwaltliche Schreiben an den Erben nicht, werden Sie Ihren Pflichtteil einklagen müssen. Wie die Klage genau aussieht, hängt vom Einzelfall ab. Oftmals muss nicht nur auf Auszahlung des Pflichtteils, sondern auch auf Wertermittlung und Auskunft geklagt werden („Stufenklage“). Im Rahmen der Klage können Sie auch eine eidesstaatliche Versicherung des Erben über die Richtigkeit des Nachlassverzeichnisses fordern. Sie müssen Ihren Pflichtteil innerhalb von drei Jahren ab Ablauf des Jahres beanspruchen, in dem Ihr Angehöriger verstorben ist und Sie Kenntnis vom Todesfall sowie Ihrem Pflichtteil erlangt haben. Beispiel 2: Ihr Angehöriger ist bereits im Jahre 2020 verstorbenen. Sie werden jedoch erst 2021 über den Todesfall informiert. In diesem Fall können Sie Ihren Pflichtteil bis zum 31.12.2024 einfordern. Auch ohne Ihre Kenntnis können Sie den Pflichtteil aber nach spätestens 30 Jahren nicht mehr beanspruchen. Dieser Fall ist jedoch selten. In der Regel wird Sie das Nachlassgericht zeitnah kontaktieren. Im besten Fall tragen Sie keine oder kaum Kosten, wenn Sie Ihren Pflichtteil beanspruchen. Dies gilt jedoch nur dann, wenn der Wert des Nachlasses klar ist und der Erbe Sie auszahlt. Verweigert der Erbe jedoch die Zahlung und müssen Sie Ihren Pflichtteil gerichtlich geltend machen, entstehen Kosten. Im Rahmen einer Klage werden vor allem diese Punkte für Sie relevant werden: Die Gerichtskosten richten sich grundsätzlich nach der Höhe Ihres Pflichtteils („Streitwert“). Je höher der Streitwert, desto höher die Gerichtskosten. Die Anwaltskosten werden ebenfalls durch den Streitwert, aber auch durch die Dauer und den Aufwand des Rechtsstreits bestimmt. Insbesondere wenn der Erbe jede Auskunft verweigert und zunächst noch der Wert des Nachlasses bestimmt werden muss, zieht sich der Rechtsstreit in die Länge. Für Sie ist nun natürlich interessant, ob Sie oder der Erbe diese Kosten tragen muss. Eine pauschale Aussage ist hier jedoch nicht möglich. Es kommt immer darauf an, ob Sie den Rechtsstreit gewinnen, verlieren oder sich mit dem Erben vergleichen (= Einigung ohne Urteil). Die unterlegene Partei trägt grundsätzlich auch die Kosten des Verfahrens. Im Rahmen eines Vergleichs werden die Kosten häufig geteilt. So sparen Sie: Die Kosten eines anwaltliches Schreibens an den Erben liegen deutlich unter den Kosten eines Rechtsstreits. Oftmals kann der Streit ohne Klage beigelegt und Ihre Kosten daher geringgehalten werden. Die Kosten für die Wertermittlung des Nachlasses müssen Sie hingegen in keinem Fall tragen. Hier sind die Erben in der Pflicht. Die Kosten werden aus dem Nachlass bezahlt (§ 2314 II BGB). Zuletzt fällt auch Erbschaftssteuer an. Als naher Angehöriger steht Ihnen jedoch regelmäßig ein hoher Freibetrag zu, sodass eine solche Steuer oft nur bei einem großen Nachlass anfällt.2. In vier Schritten zum Pflichtteil
1. Pflichtteil einfordern
2. Wertermittlung
3. Auskunft über Wert verlangen
4. Im Idealfall: Auszahlung
3. Was kann ich tun, wenn der Erbe nicht zahlt?
4. Bis wann muss ich den Pflichtteil einfordern?
5. Welche Kosten kommen auf mich zu?
6. Fazit
7. Was wir für Sie tun können