Die Prokura ist eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht mit gesetzlich umschriebenem Umfang (§§ 48-53 HGB). Diese umfassende Vollmacht ist grundsätzlich unbeschränkbar und ermächtigt den Prokuristen zur Vornahme aller Geschäfte und Rechtshandlungen, die der Betrieb eines Handelsgewerbes mit sich bringt.
Erteilung der Prokura
Die Prokura muss von einem Kaufmann (§§ 1-3, 5f. HGB) persönlich und ausdrücklich erteilt werden. Als Prokurist kommt nur eine natürliche Person in Betracht, nicht aber eine juristische Person (GmbH, AG etc.). Die Erteilung der Prokura erfolgt durch den Inhaber des Handelsgeschäfts. In den Fällen der GmbH oder der UG (haftungsbeschränkt) ist grundsätzlich also ein Gesellschafterbeschluss notwendig.
Die Prokura muss alternativ dem Prokuristen, dem Dritten, demgegenüber der Prokurist als solcher tätig wird oder durch öffentliche Bekanntmachung erteilt werden.
Bei der Vornahme von Geschäften hat der Prokurist sich als solchen zu erkennen zu geben und in der Weise zu unterschreiben, dass er seinem Namen einen Zusatz beifügt, aus dem die Prokura hervorgeht (§ 51 HGB). Die Abkürzungen „pp“ oder „ppa“ sind in der Praxis hierfür geläufig.
Ist die Prokura erteilt, ist sie im Handelsregister einzutragen. Wirksam ist die Erteilung zwar auch ohne Eintragung. Sie sollte dennoch erfolgen.
Solange nämlich die Eintragung noch nicht erfolgt ist, muss ein Geschäftspartner sie nicht gegen sich gelten lassen. Dies gilt zumindest, wenn der Geschäftspartner auch nicht auf anderem Wege Kenntnis von der Prokura erlangt hat. Ist hingegen die Rechtslage bei Geltung der Prokura für ihn günstiger, kann er sich auch auf die Erteilung berufen, obwohl sie nicht eingetragen ist. Der Geschäftspartner wird mit Blick auf die Prokura also so behandelt, wie es für ihn am besten ist.
Umfang und Beschränkung der Prokura
Der Prokurist erhält eine Vollmacht für alle Geschäfte, die der Betrieb irgendeines Handelsgewerbes mit sich bringt (§ 49 Abs. 1 HGB). Der Prokurist kann also weitreichende Geschäfte vornehmen. Zum Beispiel kann er Personal einstellen, ein Darlehen aufnehmen, Prozesse führen und Geschäfte in einer neuen Branche führen.
Insoweit unterscheidet sich die Prokura von der Generalhandlungsvollmacht, die lediglich zu allen Geschäften ermächtigt, die das bestimmte Handelsgewerbe für gewöhnlich mit sich bringt. Der Handlungsbevollmächtigte eines Händlers ist beispielsweise nur zur Vornahme solcher Geschäfte berechtigt, die im unmittelbaren Zusammenhang zum An- und Verkauf in dieser Branche stehen.
Hinsichtlich des weiten Umfangs der Prokura bestehen wenige Beschränkungen. Insbesondere ausgeschlossen ist die Vertretung des Kaufmanns in privaten Angelegenheiten sowie die eigenständige Erteilung und Übertragung der Prokura (§§ 48 Abs. 1, 52 Abs. 2 HGB).
Eine ungeschriebene Grenze der Vertretungsmacht ist in den Prinzipal- und Grundlagengeschäften zu sehen. Hierunter werden alle Geschäfte erfasst, die reine Inhabergeschäfte sind oder durch die eine Änderung des Unternehmensgegenstandes bewirkt wird. Beispiele sind die Veräußerung des Handelsgeschäfts und die Aufnahme von Gesellschaftern.
Ebenfalls nicht von der Vertretungsmacht durch Prokura erfasst sind Rechtsgeschäfte, die die Veräußerung und Belastung von Grundstücken betreffen, sofern die Prokura hierauf nicht erweitert worden ist (§ 49 Abs. 2 HGB).
Von der Beschränkung der Prokura im Außenverhältnis sind Beschränkungen im Innenverhältnis zu unterscheiden. Eine Beschränkung der Prokura im Innenverhältnis (zwischen Inhaber und Prokuristen) ist möglich, jedoch hat die Vereinbarung keine Wirkung auf den Rechtsverkehr nach außen. Sollte der Prokurist diese Beschränkung überschreiten, macht er sich schadensersatzpflichtig gegenüber dem Unternehmen. Gegenüber dem Geschäftspartner hat die Beschränkung jedoch keine Bedeutung – die Prokura gilt uneingeschränkt (§ 50 Abs. 1 HGB).
Nur in Fällen, in denen ein Missbrauch der Vertretungsmacht vorliegt, ist eine solche Beschränkung anzunehmen. So zum Beispiel in Fällen, in denen der Prokurist mit einem Dritten zum Nachteil des Geschäftsherrn wirkt (§§ 138, 826 BGB).
Formen der Prokura
Wird die Prokura an eine einzelne Person erteilt, spricht man von einer Einzelprokura. Die Prokura kann jedoch auch an mehrere Personen gemeinschaftlich erteilt werden (§ 48 Abs. 2 HGB). Die Inhaber dieser so genannten Gesamtprokura müssen grundsätzlich bei jedem Rechtsgeschäft gemeinschaftlich handeln. Das Tätigwerden der Gesamtprokuristen muss nicht gleichzeitig, es kann auch nacheinander erfolgen. Des Weiterein besteht die Form der Filialprokura, in der die Vertretungsmacht auf eine Filiale oder Geschäftsstelle beschränkt ist (50 Abs. 3 HGB).
Erlöschen der Prokura
Die Prokura erlischt durch Tod des Prokuristen, Beendigung des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses (meist der Arbeits- oder Dienstvertrag) oder der Einstellung des Handelsgeschäfts.
Ebenfalls besteht die jederzeitige Möglichkeit des Widerrufs der Prokura seitens des Inhabers. Die Grundsätze über die Eintragung in das Handelsregister gelten entsprechend. Zwar kommt auch dieser Eintragung nur deklaratorische Wirkung zu, eine fehlende Eintragung führt jedoch dazu, dass der gutgläubige Dritte, der auf das Bestehen der Prokura vertraut, geschützt wird (§ 15 Abs. 1 HGB). Der vormalige Prokurist kann also den Kaufmann gegenüber gutgläubigen Geschäftspartnern nach wie vor vertreten.