BGH: Laufzeitunabhängige Bearbeitungsentgelte in AGB von Geschäftsdarlehen unwirksam

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Darlehensverträge zwischen einer Bank und einem Unternehmer können laufzeitunabhängige Bearbeitungsentgelte vorsehen. Werden diese durch vorformulierte Vertragsbedingungen (AGB) vereinbart, sind sie unwirksam. Dies hat der BGH für gleich mehrere anhängige Verfahren am 4. Juli 2017 entschieden.

In den jeweiligen Verfahren hatten Unternehmer auf Rückzahlung der Bearbeitungsentgelte geklagt, da sie die entsprechenden Klauseln für unwirksam hielten. Die Klauseln sahen von der Laufzeit des Darlehens unabhängige Bearbeitungsgebühren iHv 0,2 – 2,0 % der Darlehensvaluta vor.

Bearbeitungsentgelte können AGB-Kontrolle unterliegen

Der BGH gab den Klägern Recht: Die angegriffenen Klauseln verstoßen nach Auffassung des Senats gegen § 307 Absatz 2 Nr. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB), da sie mit den wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung nicht vereinbar seien und daher von einer unangemessenen Benachteiligung des Vertragspartners auszugehen sei.
Zunächst bestätigte der BGH, dass die betroffenen Klauseln anhand von § 307 BGB zu beurteilen seien, da es sich um sogenannte Preisnebenabreden handele. Preisnebenabreden sind keine echten (Gegen-)Leistungen, sondern decken nur Betriebskosten oder Kosten durch den Erfüllungsaufwand aufgrund vertraglicher oder gesetzlicher Pflichten. Dies trifft auf vertragliche Bearbeitungsentgelte zu.
Anders als echte Gegenleistungen müssen sich Preisnebenabreden an den Vorschriften der §§ 307 ff. BGB messen lassen. Diese Regelungen sehen besondere Beschränkungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen vor.

Laufzeitunabhängige Bearbeitungsentgelte mit gesetzlichem Grundgedanken unvereinbar

Nach Auffassung des Gerichts gibt es keine Gründe, die ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt gegenüber Unternehmern sachlich rechtfertigen könnten:
Einen entsprechenden Handelsbrauch vermochte der Senat nicht zu erkennen. Zwar kann von Unternehmern grundsätzlich eine größere Geschäftserfahrenheit und eine stärkere Verhandlungsposition gegenüber einer Bank zu erwarten sein, als etwa von einem Verbraucher. Allerdings sei gerade der Schutzzweck von § 307 BGB zu verhindern, dass das die Vertragsklauseln stellende Kreditinstitut den Vertrag einseitig zu seinen Gunsten und auf Kosten der anderen Partei gestalte. Dieser Schutzzweck gelte auch gegenüber einem erfahrenen und informierten Unternehmer. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, dass Unternehmer gegenüber einem darlehensgebenden Kreditinstitut nicht auch eine unterlegene Position innehaben können, in der sie von den Gestaltungsmöglichkeiten des Gesetzes nicht in ausreichendem Maß Gebrauch machen können.
Wie oben erwähnt bezieht sich diese Rechtsprechung nur auf vorformulierte Darlehensverträge, die der Darlehensgeber einseitig bestimmt. Vereinbaren Darlehensnehmer und Darlehensgeber individualvertraglich – also mit beiderseitigem Einfluss auf den Vertragsinhalt – ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt, dürfte dies grundsätzlich wirksam sein.
(BGH XI ZR 562/15 und XI ZR 233/16 vom 04.07.2017)

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