Die Änderungskündigung – Der Arbeitnehmer hat die Wahl

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Grundsätzlich bestimmt der Arbeitgeber darüber, wie, wann und wo gearbeitet wird. Sein Weisungsrecht hat aber Grenzen. Möchte er das Arbeitsverhältnis grundlegend ändern, kann er unter engen Voraussetzungen aber zur Änderungskündigung greifen.

Diese stellt den Arbeitnehmer vor die Wahl: Entweder nimmt er die neuen Bedingungen an oder er wird entlassen.

In diesem Beitrag werden die zentralen Aspekte der Änderungskündigung dargestellt:

Was ist eine Änderungskündigung und wann kommt sie in Frage?

Zur Änderungskündigung greift der Arbeitgeber, wenn er Änderungen im Arbeitsvertrag durchsetzen möchte, z.B. in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit, Vergütung oder Tätigkeitsbeschreibung. Meist bezweckt er Veränderungen zulasten des Arbeitnehmers.

In Betracht kommt eine Änderungskündigung, wenn der Arbeitgeber Änderungen im Arbeitsverhältnis vornehmen möchte, die er nicht kraft seines Weisungsrechts durchsetzen kann.

Beispiel: Der Arbeitsvertrag sieht eine bestimmte wöchentliche Arbeitszeit vor. Möchte der Arbeitgeber diese erhöhen, braucht er dafür das Einverständnis des Arbeitnehmers. Erhält er dieses nicht, kann er unter Umständen eine Änderungskündigung aussprechen.

Mit einer Änderungskündigung stellt der Arbeitgeber seinen Arbeitnehmer also vor die Wahl: Entweder, der Arbeitnehmer nimmt die angebotene Vertragsänderung an, oder das Arbeitsverhältnis wird vollständig beendet.

Natürlich ist eine solche Änderungskündigung nur möglich, soweit der Kündigungsschutz sie zulässt (siehe unten).

Unter welchen Voraussetzungen ist die Änderungskündigung wirksam?

Wichtigste Voraussetzung ist, dass der Kündigungsschutz die Änderungskündigung zulässt. Es gelten mit wenigen Besonderheiten die Maßstäbe der gewöhnlichen Beendigungskündigung.

Auch bei einer Änderungskündigung findet daher das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) Anwendung. Dies gilt jedoch nur, soweit die folgenden Voraussetzungen der Anwendbarkeit des KSchG erfüllt sind:

  • Das Arbeitsverhältnis besteht seit mehr als 6 Monaten
  • Im Betrieb arbeiten regelmäßig mehr als 10 Mitarbeiter; Auszubildende zählen nicht mit, Teilzeitkräfte werden anteilig ihrer Arbeitszeit berücksichtigt
  • Der Arbeitgeber kündigt ordentlich fristgerecht, nicht außerordentlich fristlos

Sind die ersten beiden Voraussetzungen nicht erfüllt, ist es dem Arbeitgeber deutlich leichter, eine Änderungskündigung auszusprechen. Sie darf nur nicht missbräuchlich oder willkürlich sein.

Die außerordentliche Änderungskündigung kommt selten vor. Sie kommt in der Regel nur bei schweren Verstößen des Arbeitnehmers gegen seine Pflichten in Betracht.

Sind die genannten Voraussetzungen aber erfüllt, ist die Änderungskündigung unwirksam, wenn sie sozial ungerechtfertigt. Entscheidend ist dabei, ob

  • die Änderung des Arbeitsverhältnisses unvermeidbar ist und
  • die geänderten Arbeitsbedingungen erforderlich und für den Arbeitnehmer hinnehmbar sind.

Um sozial gerechtfertigt zu sein, muss eine Kündigung auf einem der im Gesetz aufgeführten Gründe basieren:

  • Gründe in der Person des Arbeitnehmers, auf die dieser keinen Einfluss hat (personenbedingte Kündigung)

Beispiel: Aufgrund einer dauerhaften Erkrankung oder altersbedingt ist der Arbeitnehmer weniger leistungsfähig; mit der Änderungskündigung wird ihm angeboten, eine andere Aufgabe zu übernehmen, die ihn weniger fordert

  • Gründe im Verhalten des Arbeitnehmers (verhaltensbedingte Kündigung); selten in Form einer Änderungskündigung; zuvor erforderlich ist grundsätzlich eine Abmahnung

Beispiele: Regelmäßige Unpünktlichkeit, Schlechte Arbeitsleistung, Beleidigung des Chefs

Beispiele: Stelle des Arbeitnehmers wird dauerhaft nicht mehr benötigt, z.B. wegen Wegfall eines Großkundens

Insbesondere bei der betriebsbedingten Änderungskündigung müssen die angestrebten Änderungen unbedingt notwendig sein. Der Arbeitgeber darf also nicht „über das Ziel hinausschießen“, sondern muss sich auf Änderungen beschränken, die zur Erreichung des Ziels notwendig und für den Arbeitnehmer hinnehmbar sind.

Beispiel: Wird die Arbeit eines Meisters betriebsbedingt nicht mehr benötigt, darf der Arbeitgeber ihn nicht auf die Stelle eines Ungelernten verweisen, wenn die Stelle eines gelernten Monteurs noch frei ist.

Bei der betriebsbedingten Änderungskündigung hat der Arbeitgeber zudem eine Sozialauswahl zwischen allen in Betracht kommenden Arbeitnehmern vorzunehmen. Er hat demjenigen die Änderung anzutragen, dem sie am wenigsten schwerfällt. Relevante Kriterien sind Alter, Unterhaltspflichten, Dauer der Betriebszugehörigkeit und Behinderung.

Beispiel: Die Umsetzung eines älteren oder körperlich behinderten Arbeitnehmers in den Schichtdienst belastet diesen grundsätzlich eher als einen jungen unbeeinträchtigten Mitarbeiter.

Bei der Formulierung des Änderungsangebots muss der Arbeitgeber zudem klar und unmissverständlich die neuen Arbeitsbedingungen darlegen. Wenn die Formulierungen in der Änderungskündigung zu vage sind, kann sie unter Umständen unwirksam sein. Nicht hinreichend bestimmt ist zum Beispiel die pauschale Aussage, „in einer niedrigeren Vergütungsgruppe“ oder „zu einer geringeren Vergütung“ arbeiten zu müssen.

Beispiel:

Der Kläger war als Elektrotechniker angestellt und seit einem Verkehrsunfall nach Auffassung des Arbeitgebers nicht mehr in der Lage, komplexe Programmiertätigkeiten durchzuführen.

Daher sprach der Arbeitgeber ihm eine Änderungskündigung aus. Diese beinhaltete das Änderungsangebot, künftig vor allem Lagerarbeiten sowie Fahrer- und Kuriertätigkeiten zu übernehmen. Zudem sollte sich der Arbeitnehmer mit Einsätzen auf Baustellen einverstanden erklären. Vorgesehen war zudem eine Kürzung des Monatsgehalts auf 8,50€ brutto pro Stunde.

Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass das Änderungsangebot zu ungenau sei: Es bleibe unklar, was unter den Einsätzen auf Baustellen zu verstehen sei. Schließlich solle der Arbeitnehmer künftig vor allem im Lager arbeiten. Daher könne der Arbeitnehmer nicht erkennen, zu welchen Diensten er sich zukünftig genau verpflichte.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass bereits das ursprüngliche Vertragsangebot ungenau sei – ein Änderungsangebot müsse weitaus genauer bestimmt sein als das ursprüngliche Angebot.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 26.01.2017, Az.: 2 AZR 68/16

Neben den genannten müssen u.a. die folgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Einhaltung der Kündigungsfrist (s. dazu häufig § 622 BGB)
  • Ordnungsgemäße Anhörung des Betriebsrats (wenn vorhanden)
  • Einhaltung des besonderen Kündigungsschutzes z.B. für Schwerbehinderte, Betriebsräte, Mütter und einige mehr

Wie kann der Arbeitnehmer auf die Änderungskündigung reagieren?

Wer als Arbeitnehmer eine Änderungskündigung erhält, hat vier Möglichkeiten darauf zu reagieren:

  • Das Änderungsangebot annehmen: Der Arbeitsvertrag besteht danach zu den veränderten Bedingungen weiter und die Wirkung der Kündigung verfällt. Seine Annahme kann der Arbeitnehmer formfrei erklären. Zum Beispiel genügt es regelmäßig, dass er nach Ablauf der Kündigungsfrist seine Tätigkeit entsprechend den neuen Bedingungen aufnimmt.
  • Das Änderungsangebot ablehnen und die Kündigung annehmen: Das Arbeitsverhältnis endet zum vorgesehenen Zeitpunkt
  • Das Änderungsangebot ablehnen und Kündigungsschutzklage erheben (s. unten)
  • Das Änderungsangebot unter Vorbehalt annehmen und Änderungsschutzklage erheben (s. unten)

Wann ist die Kündigungsschutzklage sinnvoll?

Da eine Änderungskündigung auch eine „normale“ Kündigung enthält, kann der betroffene Arbeitnehmer das Änderungsangebot ablehnen und Kündigungsschutzklage beim zuständigen Arbeitsgericht erheben (§ 4 KSchG). Es gilt eine Frist von 3 Wochen nach Erhalt des Kündigungsschreibens. Versäumt er die Frist, wird die Klage nur noch in Ausnahmefällen vom Gericht angenommen. Mit der Kündigungsschutzklage kann der Arbeitnehmer gerichtlich feststellen lassen, ob seine Kündigung sozial gerechtfertigt i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes ist.

Stellt das Gericht fest, dass kein gesetzlicher Grund für die Änderungskündigung vorliegt, so ist sie sozial ungerechtfertigt und unwirksam. Dann besteht das Arbeitsverhältnis zu den alten Bedingungen fort. Verliert der Arbeitnehmer den Prozess, bleibt die Kündigung wirksam. Da in den meisten Fällen die Frist zur Annahme des Änderungsangebots abgelaufen sein wird, kann der Arbeitnehmer nach einem verlorenen Prozess in der Regel nicht mehr die Weiterbeschäftigung zu den veränderten Bedingungen verlangen.

Die Klage allein gegen die Kündigung (das neue Angebot spielt im Verfahren keine Rolle) bietet sich also an, wenn der Arbeitnehmer sich auf die neuen Arbeitsbedingungen keinesfalls einlassen möchte und die Kündigung für unwirksam hält.

Wann ist die Änderungsschutzklage sinnvoll?

Das Risiko der Kündigungsschutzklage kann vermieden werden, indem der Arbeitnehmer eine Änderungsschutzklage erhebt. Dazu muss der Arbeitnehmer das Änderungsangebot innerhalb von drei Wochen unter dem Vorbehalt annehmen, dass die Kündigung nicht sozial ungerechtfertigt ist (§ 2 KSchG). Zunächst arbeitet er dann also nach den neuen Bedingungen. Die Erklärung kann grundsätzlich formlos ergehen. Zu Beweiszwecken empfiehlt sich aber ein Schreiben oder eine Mail.

Anschließend muss er vor dem zuständigen Arbeitsgericht Klage erheben, um die soziale Rechtfertigung der Änderungskündigung prüfen zu lassen. Es gilt wieder die Klagefrist von 3 Wochen nach Erhalt der Kündigung (§ 4 KSchG). Erhebt der Arbeitnehmer keine Klage innerhalb dieser Frist, so erlischt der Vorbehalt (§ 7 KSchG). Damit stünde endgültig fest, dass die neuen Arbeitsbedingungen gelten.

Wird nun vom Gericht festgestellt, dass die Änderungskündigung sozial ungerechtfertigt war, besteht das Arbeitsverhältnis zu den alten Bedingungen fort. Hat der Arbeitnehmer zwischenzeitlich für weniger Lohn gearbeitet, weil dies Teil der unter Vorbehalt angenommenen Änderung war, hat der Arbeitgeber die Differenz zu den alten Arbeitsbedingungen nachzuzahlen.

Im Falle eines verlorenen Prozesses ist der Arbeitnehmer bei der Änderungsschutzklage aber nicht seinen Arbeitsplatz los. Weil er das Änderungsangebot unter Vorbehalt angenommen hat, wird er zu den neuen Bedingungen weiter beschäftigt.

Die Änderungsschutzklage bietet sich also an, wenn der Arbeitnehmer in jedem Fall im Betrieb weiterbeschäftigt bleiben möchte, die Änderungen notfalls akzeptieren würde, an ihrer Rechtmäßigkeit aber Zweifel hat.

Fazit

  • Die Änderungskündigung kommt in Betracht, wenn der Arbeitgeber Änderungen des Arbeitsvertrages anstrebt, die er nicht einseitig durchsetzen kann. Häufige Beispiele betreffen den Arbeitsort, die Arbeitszeit oder die Entlohnung.
  • Es gilt der gewöhnliche Kündigungsschutz mit einigen Modifikationen. Besonders häufig sind betriebsbedingte Kündigungen.
  • Der Arbeitnehmer hat vier Optionen: Er kann das Angebot annehmen, die Kündigung annehmen, Klage allein gegen die Kündigung erheben oder das Angebot unter Vorbehalt annehmen und Klage erheben.

Was wir für Sie tun können

Möchten Sie als Arbeitgeber die Modalitäten eines Arbeitsvertrages ändern, beraten wir Sie umfassend zu den bestehenden Möglichkeiten. Statt der Änderungskündigung bietet sich häufig eine vertragliche Lösung an. Auch bei deren Ausarbeitung stehen wir Ihnen zur Seite. Änderungskündigungen sind verglichen mit der einfachen Beendigungskündigung deutlich anspruchsvoller. Vertrauen Sie also auf die Kompetenz und langjährige Erfahrung unseres Fachanwalts für Arbeitsrecht, Herrn Björn Petermann.

Sollten Sie als Arbeitnehmer eine Änderungskündigung erhalten, sollten Sie unbedingt einen Rechtsanwalt für Arbeitsrecht aufsuchen. Die vielen Handlungsoptionen sind ohne eingehende Beratung schwer zu überblicken. Dringend einzuhaltende Fristen erschweren die Situation noch.

Herr Björn Petermann, Fachanwalt für Arbeitsrecht, vertritt regelmäßig Arbeitnehmer, die sich gegen eine Änderungskündigung zur Wehr setzen, oder Arbeitgeber, die Änderungskündigungen aussprechen müssen. Vertrauen Sie auf seine Expertise!

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