Der gesetzliche Mindestlohn in der Rechtsprechung

Seit Januar 2015 gilt in Deutschland der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,50 Euro. Bis Ende dieses Jahres sind Löhne unter dem gesetzlichen Mindestlohn nur erlaubt, wenn ein entsprechender Tarifvertrag dies vorsieht, der durch Rechtsverordnung für allgemeinverbindlich erklärt wurde. Ab 2017 wird der Mindestlohn auf 8,84 Euro pro Stunde ansteigen.

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Der Abfindungsanspruch des scheidenden Gesellschafters einer GbR

Scheidet ein Gesellschafter aus einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) aus, räumt ihm das Gesetz einen Abfindungsanspruch gegen die Gesellschaft ein. Weitere Ansprüche gerichtet auf Ausgleich gegen die übrigen Gesellschafter der weiter existierenden GbR bestehen daneben nicht. Dies hat der BGH in einem kürzlich veröffentlichten Urteil entschieden (BGH Urteil v. 12. Juli 2016 – II ZR 74/14).

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Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung begründet kein Arbeitsverhältnis

Die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung ist Gegenstand einer neuen Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts:

Wird ein Leiharbeitsverhältnis unzutreffender Weise von den Parteien als Werkvertrag bezeichnet, führt dies grundsätzlich nicht dazu, dass zwischen dem Leiharbeitnehmer und dem entleihenden Betrieb ein Arbeitsverhältnis entsteht. Dies gilt nur, wenn das verleihende Unternehmen eine Erlaubnis zur gewerbsmäßigen Überlassung von Arbeitskräften besitzt. So entschied das Bundesarbeitsgericht (Urteil vom 12. Juli 2016 – 9 AZR 352/15).

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Vorlage einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits vom ersten Krankheitstag an

BAG, Urteil. v. 14. 11. 2012 – 5 AZR 886/11

Die Ausübung des dem Arbeitgeber nach §  5 Abs. 1 Satz 3 EFZG eingeräumten Rechts, von dem Arbeitnehmer die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer schon vom ersten Tag der Erkrankung an zu verlangen, steht im nicht gebundenen Ermessen des Arbeitgebers.

Dies bedeutet, dass der Arbeitgeber grundsätzlich ohne Begründung die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung über das Bestehen der Arbeitsunfähigkeit schon am ersten Krankheitstag verlangen kann.

Ihre Grenze findet das Verlangen nach einer Vorlage der ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung schon ab dem ersten Tag einer Erkrankung an den allgemeinen Schranken jeder Rechtsausübung, insbesondere darf das Verlangen nicht schikanös oder willkürlich sein und weder gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz noch gegen Diskriminierungsverbote verstoßen.

Schadensersatz – tatrichterliche Schätzung – unlautere Abwerbung von Mitarbeitern

BAG, Urteil vom 26.9.2012, 10 AZR 370/10

1. Nach § 287 Abs. 1 ZPO entscheidet der Tatrichter unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, ob ein Schaden entstanden ist und wie hoch er ist. Die Schätzung eines Schadens darf nur dann unterbleiben, wenn sie mangels konkreter Anhaltspunkte vollkommen “in der Luft hinge” und daher willkürlich wäre. Eine völlig abstrakte Berechnung eines Schadens, auch in Form eines Mindestschadens, ist unzulässig.

2. Dies gilt auch bei unlauterer Abwerbung von Mitarbeitern eines Konkurrenzunternehmens.

3. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist das Abwerben fremder Mitarbeiter als Teil des freien Wettbewerbs grundsätzlich erlaubt. Dies gilt aber dann nicht, wenn wettbewerbsrechtlich unlautere Begleitumstände hinzukommen, insbesondere unlautere Mittel eingesetzt oder unlautere Zwecke verfolgt werden. Das Abwerben von Mitarbeitern ist dann unlauter, wenn besondere Umstände, etwa die Verfolgung verwerflicher Zwecke oder die Anwendung verwerflicher Mittel und Methoden, hinzutreten.

Bonuszahlung – Zielvereinbarung

BAG, Urteil vom 29.8.2012, 10 AZR 385/11

Aus den Entscheidungsgründen:

1. Haben die Vertragsparteien durch eine Zielvereinbarung die Voraussetzungen für die Zahlung einer zusätzlichen Vergütung abschließend festgelegt, so kann sich der Arbeitgeber von der Zahlungspflicht nicht mehr einseitig durch anderweitige Leistungsbestimmung befreien.

2. Der Arbeitgeber kann in einer Zielvereinbarung sich jedoch die abschließende Leistungsbestimmung vorbehalten, wenn die Leistungsbestimmung nach billigem Ermessen zu erfolgen hat. Eine Leistungsbestimmung entspricht billigem Ermessen, wenn die wesentlichen Umstände des Falls abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt worden sind.

 

Außerordentliche Verdachtskündigung

BAG, Urteil vom 24.5.2012, 2 AZR 206/11

 

1. Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund außerordentlich gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zugemutet werden kann (Tz. 15 des Urteils).

2. Im Strafverfahren gewonnene Erkenntnisse oder Handlungen der Strafverfolgungsbehörden können die Annahme verstärken, der Arbeitnehmer habe die Pflichtverletzung begangen. Allerdings wird die Verdachtskündigung nicht allein auf eine den dringenden Tatverdacht bejahende Entscheidung der Strafverfolgungsbehörden als solche gestützt werden können. Bei der Kündigung wegen erwiesener Tat reicht eine strafgerichtliche Verurteilung für sich genommen nicht aus, die Kündigung zu rechtfertigen. Vielmehr sind die Arbeitsgerichte gehalten, den Sachverhalt im Kündigungsschutzprozess ohne Bindung an das Strafurteil selbst aufzuklären und zu bewerten. Für die Verdachtskündigung wird nichts anderes gelten können. Dies hat zur Folge, dass Handlungen oder Entscheidungen der Strafverfolgungsbehörden allenfalls indizielle Bedeutung für die vom Gericht vorzunehmende Bewertung erlangen können, ob die Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus wichtigem Grund wegen des entsprechenden Verdachts gerechtfertigt ist. Die behördlichen Maßnahmen bilden dagegen für sich genommen keinen Kündigungsgrund und sind nicht geeignet, eine eigene Bewertung der den Verdacht begründenden Tatsachen durch die mit der Sache befassten Gerichte zu ersetzen  (Tz. 25, 26 des Urteils).

3. Die vorherige Anhörung des Arbeitnehmers ist Wirksamkeitsvoraussetzung der Verdachtskündigung. Bei dieser besteht in besonderem Maße die Gefahr, dass der Arbeitnehmer zu Unrecht beschuldigt wird. Dessen Anhörung ist deshalb ein Gebot der Verhältnismäßigkeit. Unterbliebe sie, wäre die Kündigung nicht „ultima ratio“ (Tz. 32 des Urteils).

 

Bundesgerichtshof entscheidet über das ordentliche Kündigungsrecht der privaten Banken

BGH, Urteil vom 15. Januar 2013 – XI ZR 22/12

Der BGH hat entschieden, dass die ordentliche Kündigung eines Girovertrags nach Nr. 19 Abs. 1 AGB-Banken 2002 nicht voraussetzt, dass eine private Bank eine Abwägung ihrer Interessen an einer Beendigung des Vertragsverhältnisses mit den Interessen des Kunden an dessen Fortbestand vornimmt.

Auch statuiert das vom Grundsatz der Privatautonomie beherrschte bürgerliche Recht keine über eine mittelbare Drittwirkung des allgemeinen Gleichheitssatzes begründbare allgemeine Pflicht zur gleichmäßigen Behandlung, hier bei der Ausübung eines vertraglich vereinbarten ordentlichen Kündigungsrechts. Entsprechend oblag es der Beklagten nicht, eine Ungleichbehandlung der Klägerin im Verhältnis zu anderen Kunden mittels einer Angemessenheits- oder Verhältnismäßigkeitsprüfung sachlich zu rechtfertigen.