Wann GmbH-Gesellschafter eine Abfindung verlangen können

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Scheidet ein GmbH-Gesellschafter aus, so erwartet er meist eine hohe Abfindung. Die übrigen Gesellschafter wollen die Abfindung hingegen gering halten oder gar keine Abfindung zahlen.

Ob einem Gesellschafter eine Abfindung zusteht und welche Regeln für diese gelten, erfahren Sie in diesem Beitrag:

  1. Erhält ein GmbH-Gesellschafter eine Abfindung, wenn er selbst austritt?
  2. Kann ein Gesellschafter nach Ausschluss eine Abfindung verlangen?
  3. Wie hoch ist die Abfindung eines GmbH-Gesellschafters?
  4. Was ist eine Buchwertklausel?
  5. Muss die Abfindung versteuert werden?
  6. Fazit
  7. Was wir für Sie tun können

1. Erhält ein GmbH-Gesellschafter eine Abfindung, wenn er selbst austritt?

Die meisten Gesellschaftsverträge enthalten Regelungen für den Fall, dass ein Gesellschafter die GmbH verlassen möchte. Insbesondere die Zahlung einer Abfindung ist oftmals umfassend geregelt, da sie für den Gesellschafter, aber auch für die Gesellschaft besonders wichtig ist. Aber auch, wenn der Gesellschaftsvertrag keine Abfindungsklausel enthält, kann ein Gesellschafter bei seinem Ausscheiden eine Abfindung in Anspruch nehmen (§ 738 Abs. 1 Satz 2 BGB analog). 

Der austretende Gesellschafter hat also grundsätzlich immer Anspruch auf eine Abfindung.

Während das für den austretenden Gesellschafter erfreulich ist, belastet eine Abfindung die Gesellschaftsfinanzen aber oft stark. Um die Liquidität der Gesellschaft im Falle des Austritts eines Gesellschafters zu sichern, enthalten viele Gesellschaftsverträge zu diesem Zweck Regelungen, die die Abfindung mindern oder ganz ausschließen sollen. Bei dieser Gestaltung gibt es jedoch Grenzen. Grundsätzlich soll der Gesellschafter einen angemessenen Ausgleich für seinen Anteilswert erhalten.

Unwirksam sind daher nach der Rechtsprechung insbesondere Regeln im Gesellschaftsvertrag, die eine Abfindung komplett ausschließen. Nur in den folgenden Fällen ist ein Ausschluss der Abfindung überhaupt zulässig:

  • Der betroffene Gesellschafter hat überhaupt kein Kapital eingesetzt (zum Beispiel bei auf Zeit abgeschlossenen Manager- oder Mitarbeiterbeteiligungen ohne Kapitaleinsatz), oder 
  • der betroffene Gesellschafter hat von Anfang an auf eine Mehrung seines Kapitals verzichtet (zum Beispiel, wenn die GmbH einen ideellen Gesellschaftszweck verfolgt), oder
  • die Klausel schließt die Abfindung nur für den Fall des Ausscheidens durch Tod aus.

Ein vollständiger Ausschluss der Abfindung bleibt somit die Ausnahme. Grundsätzlich kann der Gesellschafter selbst ohne Regelung im Gesellschaftsvertrag eine Abfindung verlangen. Entgegenstehende Klauseln sind oft nicht wirksam.

2. Kann ein Gesellschafter nach Ausschluss eine Abfindung verlangen?

Manchmal will der GmbH-Gesellschafter die Gesellschaft gar nicht verlassen, sondern wird gegen seinen Willen ausgeschlossen. Ein Ausschluss aus der GmbH ist nur ausnahmsweise möglich und muss hohe Anforderungen erfüllen. Insbesondere die folgenden zwei Fälle sind hier wichtig:

  • Der Gesellschafter wird aufgrund einer Klausel im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen. Die Klausel muss sachliche Gründe für einen Ausschluss festlegen und diese Gründe müssen per Gesellschafterbeschluss festgestellt werden.
  • Die Satzung enthält keine einschlägige Klausel und der Gesellschafter wird durch ein Gerichtsverfahren ausgeschlossen. Dazu ist ein schwerwiegender Grund erforderlich, zum Beispiel Straftaten zu Lasten der Gesellschaft.

Auch bei einem zwangsweisen Ausschluss hat der Gesellschafter grundsätzlich Anspruch auf eine Abfindung. Regelungen im Gesellschaftsvertrag, die für diesen Fall eine Abfindung ausschließen, sind in vielen Fällen unwirksam, wie ein Beispiel aus der Rechtsprechung zeigt (nach BGH, Urteil v. 29.04.2014, II ZR 216/13):

Im Gesellschaftsvertrag der X-GmbH war geregelt: „Ein Gesellschafter kann wegen einer groben Verletzung der Gesellschaftsinteressen oder seiner Pflichten ausgeschlossen werden. In diesem Fall ist keine Abfindung zu zahlen.“ Die übrigen Gesellschafter beschlossen, Gesellschafterin A wegen einer groben Pflichtverletzung ohne Abfindung auszuschließen und stützten ihre Entscheidung auf die oben genannten Regelungen im Gesellschaftsvertrag. A forderte hingegen eine Abfindung.

Das Gericht gab A recht. Die Klausel über den Ausschluss der Abfindung sei insbesondere deshalb unangemessen, weil sie schon bei einem bloß einmaligen Pflichtverstoß den gesamten Wert des Kapitaleinsatzes entziehen könne. Dem Gesellschafter stehe aber grundsätzlich ein Ersatz für seinen Kapitaleinsatz und seine Mitarbeit zu. Die A habe daher Anspruch auf eine Abfindung.

Auch bei dem unfreiwilligen Ausschluss aus der Gesellschaft gilt also der Grundsatz, dass dem Gesellschafter eine Abfindung zusteht. Entgegenstehende Klauseln sind hier ebenfalls oft unwirksam.

3. Wie hoch ist die Abfindung eines GmbH-Gesellschafters?

Noch mehr als die Frage, ob eine Abfindung gezahlt wird, führt meist die Höhe der Abfindung zum Gesellschafterstreit. Auch bei Höhe und Berechnung der Abfindung ist zunächst entscheidend, ob der Gesellschaftsvertrag Regelungen enthält. 

Sollte der Vertrag keine Abfindungsregelungen enthalten, gilt wieder § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB analog. Danach ist dem ausscheidenden Gesellschafter der wirkliche Anteilswert, also der Verkehrswert seines Anteils, auszuzahlen. Den richtigen Wert zu ermitteln ist jedoch oft nicht leicht. Es gibt eine Vielzahl an Berechnungsmethoden. In der Praxis erfolgt die Berechnung oft auf Grundlage des Ertragswertes. Dazu werden zumeist die zukünftig zu erwartenden Erträge der Gesellschaft aufgrund der aktuellen Ertragslage und unter Berücksichtigung erkennbarer Entwicklungsfaktoren als Grundlage für eine Wertberechnung genommen. Diese Berechnung ist jedoch äußerst komplex. 

In aller Regel muss ein teurer Wirtschaftsprüfer hinzugezogen werden. Gerade die Offenlegung sämtlicher Zahlen möchten die meisten Gesellschafter vermeiden.

Es ist daher üblich, die Höhe der Abfindung und die Berechnung durch Klauseln im Gesellschaftsvertrag festzulegen. Die Gesellschafter können die Höhe und Berechnung der Abfindung grundsätzlich frei regeln.  Ihnen sind jedoch auch hierbei Grenzen gesetzt:

  • Die Berechnungsregeln müssen bestimmt sein. Das heißt, für den Gesellschafter muss grundsätzlich erkennbar sein, wie hoch seine Abfindung ausfallen wird.
  • Die Regeln dürfen nicht zu einer Knebelung des Gesellschafters führen. Das heißt, die Abfindungsregeln dürfen nicht so nachteilig sein, dass ein Austreten vollkommen unwirtschaftlich wäre.
  • Die Gesellschafter dürfen nicht willkürlich ungleich behandelt werden.
  • Der Gesellschaftsvertrag kann auch eine Abfindung unterhalb des Verkehrswertes vorsehen. Die Höhe der Abfindung darf aber nicht in einem groben Missverhältnis zu dem tatsächlichen Wert der Beteiligung stehen. Wann ein grobes Missverhältnis vorliegt, hängt immer vom Einzelfall ab. Als Faustregel lässt sich festhalten: Eine Abfindungsregelung ist zulässig, wenn danach mindestens 2/3 des tatsächlichen Anteilswerts als Abfindung gewährt werden. Hierbei handelt es sich aber lediglich um einen Richtwert.

4. Was ist eine Buchwertklausel?

In manchen Gesellschaftsverträgen ist festgelegt, dass ausscheidende Gesellschafter nur zum Buchwert abgefunden werden. Diese Regelung nennt man „Buchwertklausel“. 

Eine Berechnung des Anteilswerts nach dem Buchwert bedeutet, dass bei der Berechnung des Unternehmenswerts nur die Buchwerte der Aktiva und Passiva zugrunde gelegt werden. Stille Reserven und der Geschäftswert des Unternehmens („Goodwill“) werden nicht berücksichtigt. Deshalb, und wegen besonderer Vorsichtsregeln für die Buchführung, liegt der Buchwert regelmäßig unter dem Verkehrswert des Anteils. Das mindert die zu zahlende Abfindung meist erheblich. 

Eine Buchwertklausel ist für den ausscheidenden Gesellschafter daher oft ungünstig.

Je nach Konstellation des Einzelfalls kann die Buchwertklausel deshalb eine unangemessene Benachteiligung des ausscheidenden Gesellschafters bedeuten und Probleme bereiten. Ob die Buchwertklausel zulässig ist oder nicht, hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Insbesondere das Verhältnis zwischen Buchwert und Verkehrswert ist von Bedeutung. Auch bei einem groben Missverhältnis sieht die Rechtsprechung die Klausel aber nicht unbedingt als nichtig an, sondern legt sie ergänzend aus: Die Gerichte legen einen Wert zwischen Buchwert und Verkehrswert fest, der als Berechnungsgrundlage verwendet wird.

Zweifeln Gesellschafter an der Gültigkeit einer Buchwertklausel, sollten sie den Gesellschaftsvertrag durch einen Anwalt prüfen lassen.

5. Muss die Abfindung versteuert werden?

Auf die Abfindung muss der GmbH-Gesellschafter Steuern zahlen. Das Problem: Er muss den vollen Steuerbetrag auch dann sofort entrichten, wenn die Abfindung (wie üblich) über mehrere Jahre ausgezahlt wird. Bei einer sehr hohen Steuerschuld kann die sofortige Begleichung dann problematisch werden. Schließlich erhält der Gesellschafter zunächst nur einen Teil der Abfindung und muss auf den Restbetrag mitunter mehrere Jahre warten.

An dieser Stelle ist es deshalb wichtig, einen Ausgleich zwischen den Interessen der verbleibenden Gesellschafter und denen des ausscheidenden Gesellschafters zu finden: Die Liquidität der Gesellschaft soll durch Ratenzahlungen geschützt werden. Gleichzeitig muss der ausscheidende Gesellschafter aber direkt eine hohe Steuerschuld tragen. Die erste Ratenzahlung sollte daher zumindest die anfallende Steuer decken.

Wichtig ist zudem, dass auch für die verbleibenden Gesellschafter unter Umständen hohe Steuern anfallen können.

Das gilt insbesondere, wenn eine hohe Differenz zwischen tatsächlichem Anteilswert und dem Abfindungsbetrag besteht (z.B. bei der Buchwertmethode). Diese Differenz erhalten die restlichen Gesellschafter ohne Gegenleistung und müssen deshalb Schenkungssteuer entrichten.

6. Fazit

  • In der Regel steht einem ausscheidenden Gesellschafter eine Abfindung zu. Das gilt auch dann, wenn im Gesellschaftsvertrag keine Regelungen über die Abfindung enthalten sind.
  • Auch wenn der Gesellschafter gegen seinen Willen ausgeschlossen wird, erhält er eine Abfindung.
  • Klauseln im Gesellschaftsvertrag, die die Abfindung ausschließen sollen, sind nur in wenigen Fällen zulässig.
  • Wenn nichts anderes festgelegt ist, richtet sich die Höhe der Abfindung nach dem Verkehrswert. Dieser wird oft über die Ertragswertmethode berechnet.
  • Regelungen im Gesellschaftsvertrag zur Abfindungshöhe müssen bestimmt sein und dürfen die Höhe der Abfindung nicht unangemessen niedrig ansetzen. Bei einer Abfindung unter 2/3 des Verkehrswerts des Anteils kann die Klausel nichtig sein.
  • Eine Buchwertklausel ist in der Regel wirksam. Bei einem Missverhältnis zwischen Buchwert und Verkehrswert des ausgezahlten Anteils passen die Gerichte die Abfindung aber unter Umständen an.
  • Auf die Abfindung muss der ausscheidende Gesellschafter direkt den vollen Einkommenssteuerbetrag entrichten, auch wenn die Auszahlung über mehrere Jahre gestaffelt ist. Für die verbleibenden Gesellschafter fällt unter Umständen Schenkungssteuer an.

7. Was wir für Sie tun können

  • Abfindungszahlungen können schnell zum Existenzrisiko für eine Gesellschaft werden und zur Auflösung der Gesellschaft führen. Daher sollten frühzeitig sinnvolle Regelungen im Gesellschaftsvertrag getroffen werden, die den Betrag rechtssicher begrenzen. Wir unterstützen Sie bei der Änderung Ihres Gesellschaftsvertrags mit unserer langjährigen Erfahrung.
  • Wir stehen Gesellschaftern und Gesellschaften im Konflikt um die Abfindungshöhe bei – notfalls gerichtlich. 
  • Im Zusammenhang mit Abfindungen sind stets steuerliche Aspekte zu beachten. Wir sorgen mit unserer Kooperation für eine optimale Verzahnung. 

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