Die durch das Coronavirus SARS-CoV-2 verursachte COVID-19-Pandemie beeinflusst mittlerweile alle Bereiche des privaten und öffentlichen Lebens. Am 27.3.2020 beschloss der Bundestag ein neues Gesetz, das Kündigungen durch Vermieter beschränken soll. Wir zeigen Vermietern, wann sie dennoch kündigen können.
- Wann ist eine Kündigung wegen Mietschulden normalerweise möglich?
- Wann kann wegen Corona das Mietverhältnis nicht gekündigt werden?
- Mieter müssen Miete trotzdem zahlen
- Wann ist die Kündigung des Mietvertrags noch möglich?
- Fazit
- Was wir für Vermieter tun können
1. Wann ist eine Kündigung wegen Mietschulden normalerweise möglich?
Generell gilt für die Kündigung eines Mietvertrags: Es kann fristlos oder fristgerecht gekündigt werden:
- Für eine fristlose, sog. außerordentliche Kündigung wegen nicht gezahlter Miete muss der Mieter gem. § 543 II Nr. 3 BGB mit der gesamten Miete oder einem nicht unerheblichen Teil an zwei aufeinander folgenden Terminen im Verzug sein. Alternativ ist eine fristlose Kündigung auch möglich, wenn der Mieter zwar nicht auf zwei aufeinanderfolgenden Terminen keine Miete zahlt, insgesamt aber mit mindestens zwei Monatsmieten im Verzug ist.
- Für eine fristgerechte, sog. ordentliche Kündigung wegen Mietrückstands genügt bereits, dass der Mieter mit mindestens einer Monatsmiete mehr als einen Monat im Verzug ist. Die Kündigungsfrist für eine ordentliche Kündigung ist von der Dauer des bestehenden Mietverhältnisses abhängig. Sie beläuft sich auf drei bis neun Monate.
2. Wann kann wegen Corona das Mietverhältnis nicht gekündigt werden?
Das neue Gesetz zur Abmilderung der Corona-Folgen sieht eine Kündigungssperre für Vermieter vor. Sie greift allerdings nur in bestimmten Fällen ein. Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein:
a. Mietrückstände wegen Coronakrise
Vermieter dürfen nach dem neuen Gesetz Mietern nicht wegen ausgebliebener oder verspäteter Mietzahlungen kündigen, die im Zeitraum vom 1.4.-30.6.2020 fällig werden.
Dies gilt jedoch nur, wenn der Mietrückstand auch wirklich auf Auswirkungen der Pandemie und nicht auf anderen Umständen beruht. Von diesen neuen Regelungen kann nicht zum Nachteil des Mieters im Mietvertrag abgewichen werden.
Erfasst sind sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung. Die im benannten Zeitraum anfallenden Mietrückstände stellen keinen wichtigen Grund zur außerordentlichen fristlosen Kündigung dar. Ebenso wenig ergibt sich aus ihnen ein berechtigtes Interesse zur ordentlichen fristgerechten Kündigung.
Die Regelung gilt auch für die Kündigung von Mietverträgen über Gewerberaum.
b. Mieter muss Ursachen glaubhaft machen
Der Mieter muss glaubhaft machen, dass seine Nichtleistung auf der Coronakrise beruht. Er muss Tatsachen darlegen, aus denen sich die überwiegende Wahrscheinlichkeit ergibt, dass er gerade wegen Corona seine Miete nicht oder nur zum Teil zahlen konnte. Dieser Nachweiskann z.B.
- über eine eidesstattliche Versicherung,
- einen Nachweis der Antragstellung beziehungsweise der Bescheinigung über die Gewährung staatlicher Leistungen (z.B. Arbeitslosengeld),
- eine Bescheinigung des Arbeitsgebers,
- der Nachweis über die Kündigung des Arbeitsverhältnisses oder die Anordnung von Kurzarbeit
- oder andere Nachweise über das Einkommen bzw. über den Verdienstausfall
erfolgen. Bei Unternehmen, die Räume zu gewerblichen Zwecken mieten, kann ein Hinweis auf die behördlich angeordnete Schließung des Betriebs ausreichen.
Diese Nachweise mögen zwar in einigen Fällen genügen; das gilt allerdings nicht immer. Kann sich der Mieter die Wohnung nach wie vor ohne Weiteres leisten, muss er nach unserem Verständnis auch weiter zahlen.
Beispiel: A ist Köchin in einem kleinen Restaurant ohne Lieferservice. Dieses ist wegen behördlicher Anordnung derzeit geschlossen. Ihr befristeter Vertrag wird angesichts der aktuellen Lage nicht verlängert. Beim Vermieter könnte sie etwa eine Bescheinigung vorlegen, dass ihr Vertrag vorerst nicht verlängert wird. Diese Bescheinigung genügt regelmäßig wohl nicht, wenn A aus anderem Vermögen oder Einkommen die Miete nach wie vor zahlen kann.
c. Rückstand aus relevantem Zeitraum
Es geht zunächst nur um Zahlungen, die in den Monaten April bis Juni 2020 fällig werden.
Noch kann man nicht absehen, wann der Höhepunkt der Pandemie erreicht sein wird. Das Ende der Maßnahme (30.06.) ist daher nicht in Stein gemeißelt. Das Parlament hat die Bundesregierung ermächtigt, bei Fortdauern der jetzigen Situation auch Kündigungen wegen ausgebliebener Mietzahlungen aus dem Zeitraum bis September 2020 zu sperren. Falls eine weitere Verlängerung nötig sein sollte, müsste dies dann wieder der Bundestag entscheiden.
3. Mieter müssen Miete trotzdem zahlen
Trotz der Kündigungssperre bleibt generell die Pflicht des Mieters zur fristgerechten Zahlung der Miete bestehen.
Wichtig: Kündigungssperre heißt nicht, dass der Anspruch auf die Miete erlischt. Diese muss vielmehr so bald wie möglich nachgezahlt werden.
Übrigens sind auf die nicht gezahlte Miete grundsätzlich Verzugszinsen zu zahlen. Sie betragen 5 Prozentpunkte über dem Basiszins, was derzeit 4,12 % entspricht.
4. Wann ist die Kündigung des Mietvertrags noch möglich
a. Mietrückstand nicht rechtzeitig beglichen
Die Kündigungsbeschränkung endet mit Ablauf des 30.06.2022. Mietrückstände, die jetzt im Zuge der Coronakrise entstehen, müssen also spätestens bis zu diesem Datum beglichen werden.
Beispiel: M zahlt seine Miete für Mai 2020 nicht, weil sein Arbeitsplatz im Zuge der Coronakrise gekündigt wurde und er daher nicht das nötige Geld zur Verfügung hat. Besteht dieser Zahlungsrückstand am 30.06.2022 immer noch, kann ihm nun nach Maßgabe der gewöhnlichen Regelungen gekündigt werden.
b. Mietrückstand beruht nicht auf Coronakrise
Wie oben erwähnt, muss das Ausbleiben der Mietzahlungen auf der Coronakrise beruhen. Selbst wenn der Mieter Zahlungen für den Zeitraum April bis (zunächst) Juni 2020 nicht leistet, kann ihm deshalb mitunter noch gekündigt werden. Das kommt etwa in diesen Konstellationen in Betracht:
- Der Mieter ist zahlungsfähig aber schlichtweg zahlungsunwillig.
- Seine Zahlungsunfähigkeit beruht nicht auf Gründen, die mit den Auswirkungen der Coronakrise im Zusammenhang stehen.
Beispiel: Das Arbeitsverhältnis von Mieter M wird im März verhaltensbedingtgekündigt. Er kann sich die Mieten für April, Mai und Juni nicht mehr leisten und zahlt daher nicht mehr.
- Es liegt ein „ganz besonders gelagerter Ausnahmefall“ (Zitat der Gesetzesbegründung) vor. Es geht vor allem um Fälle, in denen ein Mieter die neue Kündigungssperre „gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“ missbraucht. Ob eine solche Ausnahmesituation gegeben ist, hängt sehr stark vom Einzelfall ab.
c. Mietschulden aus anderen Zeiträumen
Außerdem ist zu beachten, dass es im neuen Gesetz nur um die Kündigung wegen Mietschulden aus den Monaten April bis Juni 2020 geht. Falls aus den vorherigen Monaten Mietschulden in entsprechender Höhe vorliegen, kann auch jetzt noch wegen dieser früheren Mietschulden gekündigt werden. Selbiges gilt für Mietschulden für die Monate nach Ende der Kündigungssperre.
Beispiel: Die Miete beträgt 500€. Mieter M zahlt im Januar gar keine Miete, im Februar und März jeweils 250€. Daher ist er nun mit einem Betrag von insgesamt 1.000€, also zwei Monaten im Minus beim Vermieter. Diese Mietschulden sind vor April 2020 entstanden. Dem M kann fristlos gekündigt werden.
d. Kündigung wegen anderer Pflichtverletzung, Eigenbedarf, etc.
Aucheine Kündigung aus anderen Gründen ist weiterhin unter den normalen Voraussetzungen zulässig.Mögliche Gründe für eine Kündigung des Vermieters sind etwa
- Eigenbedarf,
- unbefugte Überlassung der Räume an Dritte (z.B. unerlaubte Untermiete)
- oder Vertragsverletzungen anderer Art durch den Mieter (z.B. wiederholte Störung des Hausfriedens).
Auch die Vorschrift des § 580a BGB, welche die grundlose Kündigung bei Mietverhältnissen über Grundstücke und über Räume, die keine Geschäftsräume sind, regelt, bleibt unberührt. Nicht erfasst von § 580a BGB sind Wohnräume.
5. Fazit
- Im Zuge der Corona-Krise wurde eine Kündigungssperre für (ordentliche und außerordentliche) Kündigungen wegen Mietrückständen erlassen.
- Das neue Gesetz ist kein Freibrief für Mieter, ihre Miete nicht zu bezahlen. Die Miete ist weiterhin zu zahlen.
- Vermieter dürfen nicht wegen Mietschulden kündigen, die im Zeitraum vom 1.4.-30.6. entstehen und mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf der Corona-Krise beruhen.
- Der Mieter muss den Zusammenhang zur Coronakrise glaubhaft machen.
- Das Kündigungsrecht aus anderen Gründen als Mietschulden aus dem genannten Zeitraum bleibt von der Regelung unberührt. Das meint insbesondere:
- Kündigung wegen Rückständen aus anderen Zeiträumen
- Mietrückstand beruht nicht auf Corona
- Coronabedingter Rückstand wird nicht bis zum 30.6.2022 zurückgezahlt
- Kündigung wegen anderer Pflichtverletzungen, Eigenbedarf, etc.
6. Was wir für Vermieter tun können
- Sollten Sie ein Mietverhältnis wegen ausbleibender Zahlungen kündigen wollen, beraten wir Sie, ob die neue Kündigungssperre Ihnen im Wege steht.
- Auch in jedem anderen Kündigungsvorhaben unterstützen wir Sie mit unserer langjährigen Erfahrung als Anwälte für Vermieter.
- Selbstverständlich begleiten wir Sie auch während der mitunter notwendigen Räumungsklage.